Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 199

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Das ist heute nicht der Tag der Sozialdemokratie! Ein schwarzer Tag der Roten!)

22.01

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gut, ich nehme es zur Kenntnis, Herr Abgeordneter Grollitsch: Wir sind "originell". – Sie sind "auffällig", wenn wir das in dem Ton weiterbetreiben, in dem Sie es soeben begonnen haben.

Ich finde, es hat sich Herr Abgeordneter Amon heute enttarnt: Die ganze Zeit hat er in seinen beiden Redeauftritten zu den Schulpaketen über den Wortbruch der Sozialdemokraten gejammert, über dieses und jenes, was wir nicht getan haben. Vielleicht hat er ein schlechtes Gewissen wegen seiner Drüberfahr-Mentalität (Abg. Dr. Spindelegger: Haben Sie eine Unterschrift gegeben oder nicht?), denn von dem Abänderungsantrag und von der Taktik der Verhandlungen vom Unterrichtsausschuss an bis gestern her kann man bei Ihnen nichts anderes feststellen als ein Drüberfahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte es Ihnen noch einmal erklären, obwohl Kollege Antoni das heute bereits sehr ausführlich getan hat. Wenn es Ihnen von den Regierungsparteien wirklich ein Anliegen gewesen wäre, eine gemeinsame Lösung zu finden, dann hätten wir diese nach dem Unterrichtsausschuss, in dem unsere Positionen klar waren, sehr deutlich machen können.

Da heute so viel von Erschütterung gesprochen wurde, möchte ich sagen, dass ich auch erschüttert bin, eben wegen dieser Drüberfahr-Mentalität. Es hat sich die Angst, die wir angesichts dessen hatten, was mit Verhaltensvereinbarungen passieren kann, in dem Redebeitrag des Abgeordneten Schweitzer dokumentiert, denn er hat heute gesagt – ich zitiere ihn sinngemäß –: Wir stehen zu Verhaltensvereinbarungen mit Sanktionen; ja, dazu stehen wir. – Das ist eben genau das, was wir abgelehnt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz den Werdegang dieser Verhaltensvereinbarungen aufzeigen, weil das notwendig dafür ist, auch unser Verhalten zu verstehen. Es war im Jahr 1999, als die FCG im Personalvertretungswahlkampf versprochen hat, es werde neue Erziehungsmittel geben. – Die Lehrer haben applaudiert und gesagt: Hurra, jetzt bekommen wir etwas in die Hand, das unser Leben erleichtern wird und das uns den Umgang mit den Schülern erleichtern wird!

Folgendes geschah beim Umsetzen: Es war ein Erziehungsrat geplant – aber "Erziehungsrat" ist negativ besetzt. Man sagte: Das wollen wir nicht, machen wir also Erziehungsvereinbarungen! Das Wort "Erziehungsvereinbarungen" ist ebenfalls negativ besetzt und weist wieder auf Sanktionen hin. Also sagte man: Nehmen wir daher die Bezeichnung "Verhaltensvereinbarungen", das klingt schon viel kommoder, und das lassen wir innerhalb der Schulautonomie! – Es wurde nie ausgeräumt, dass diese Vereinbarungen ohne Sanktionen seien.

Frau Ministerin! Ich bin ganz Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, wir brauchen in jeder Gesellschaft, in jeder Familie Regeln, Spielregeln, Vereinbarungen. Keine Frage! Es wird sicherlich auch keinen einzigen Lehrer geben, der nicht mit seiner Klasse oder mit einzelnen Schülern Vereinbarungen trifft und Regeln des Zusammenlebens aufstellt. Problematisch wird es immer nur dann, wenn sich einer, einige oder mehrere nicht daran halten. Dann kommen die Sanktionen – ich behaupte jetzt nichts Falsches: die Kreativität mancher Lehrer ist in diesem Bereich schon sehr bewundernswert –, dann werden Schulordnungen aufgestellt, und diese kann man überdies autonom ergänzen.

Ich zitiere jetzt – es gibt viele Schulordnungen, gute, schlechte, ganz schlechte, manchmal sogar leicht sadistische – einen Punkt aus einer offiziellen Schulordnung: Bei der ersten Begegnung mit Lehrern oder mit dem Schulwart grüßen wir höflich. Wenn Erwachsene die Klasse betreten oder verlassen, stehen die Schüler in der Regel auf. – Jetzt kommt die Ausformulierung dazu: Unhöflichkeit hat zur Folge, dass der betroffene Schüler einen Tag lang in jeder Pause die notwendigen Unterrichts- und Lehrmittel des Lehrers, den er nicht gegrüßt hat, tragen muss.


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