Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 126

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

nen und Kollegen anderer Parteien umzugehen! Ersparen Sie sich alle Dialogangebote, wenn Sie selbst nicht dialogfähig sind! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ein Letztes: Natürlich haben Sie Probleme! Natürlich gibt es ein Problem für einen Bundeskanzler, bei dem immer mehr Menschen spüren, dass ihn eigentlich nur interessiert, wie er am Sessel kleben bleibt.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um den Schlusssatz, denn jetzt ist nicht nur die freiwillige, sondern auch die gesetzliche Redezeit abgelaufen! (Abg. Dr. Pumberger: Unsere Geduld ist auch am Ende!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Gerne, Herr Präsident. – Herr Bundeskanzler! Ihr persönliches Interesse kann nicht über den Interessen der österreichischen Demokratie stehen! Wir sind heute eine Minderheit, aber wir machen Sie als Minderheit in diesem Hause darauf aufmerksam: Die Institutionen des österreichischen Rechtsstaates und der österreichischen Demokratie werden immer noch stärker sein als Ihre Versuche der autoritären Wende. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. Das ist zugleich auch die geschäftsordnungsmäßige Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Auf dem Abzeichen, das Sie tragen, steht "SOS"! Das heißt "Save Our Souls!")

16.15

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Ich verstehe, dass Sie, nachdem Sie lange Zeit das politische Trappistengelübde eingehalten haben und schweigend in Ihrem Arbeitszimmer geblieben sind, heute das Bedürfnis hatten, sich ein wenig auszusprechen. Sie haben uns 35 Minuten lang hier etwas gesagt. Aber haben Sie uns wirklich etwas gesagt? Diese Frage stellt sich, denn die "Oma-Beruhigungsrhetorik", die Sie verwendet haben, um uns hier die ungeheuerlichsten Vorgänge von Demokratieabbau und die wirtschaftspolitisch zweifelhaften Methoden dieser Regierung erklären zu können, genügt nicht. Eine derartige Beruhigungsrhetorik, dass wir nicht wissen, was hier in diesem Land wirklich geschehen ist, können Sie gar nicht entwickeln! Und es ist unsere Aufgabe, heute darauf hinzuweisen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe Sie heute zum x-ten Mal sagen hören: Wir reinigen die ÖIAG und den ORF von diesen Sekretärskarrieren. – Einen Moment lang war ich nachdenklich und habe mir gedacht: Spricht hier ein Professor der Wirtschaftswissenschaften zu mir? Oder ist der ehemalige Generaldirektor einer Bank, der sich jetzt zum Bundeskanzler entwickelt hat, der Sprecher dieser Sätze? Dann habe ich mich irgendwie erinnert: Waren Sie nicht auch Sekretär im Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei? Waren Sie nicht Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes? Sie haben sich doch eigentlich auch über eine klassische Sekretärskarriere in dieses Amt hineingearbeitet! Aber wie auch immer: Sie haben jedenfalls eine begabte Taktik entwickelt, dass Sie mit 27 Prozent der Wählerstimmen heute Bundeskanzler sind!

Wenn ich das, was Sie uns sagten, und die Abschätzigkeit Ihrer Worte vergleiche – und sämtliche Sekretäre, die hier herinnen sitzen, bis zu den reichen Freiberuflern bei der FPÖ, sollten jetzt überhaupt Sendepause haben! –, dann möchte ich vorschlagen: Sie sollten einmal überdenken, was das bedeutet! – Hinter den Ausschließungsgründen laut ORF-Gesetz und den Ausschließungsgründen, mit denen in puncto Sozialversicherung gearbeitet wird, im Zusammenhang mit welchen sich Einzelne zu bestimmen anmaßen, wer in diesem Land keine Kompetenz hat und keine Verantwortung tragen darf, steckt in Wirklichkeit politische Willkür und nicht wirtschaftspolitische Kompetenz; und 27 Prozent sind auch kein wirklich betörender Wählerauftrag! Das ist unerhört, und darauf sollte man einmal hinweisen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie sind der Erfinder des Schlagwortes "weniger Staat, mehr privat", das Sie immer wieder anführen, und Sie sagen immer wieder, dass privatwirtschaftliche Überlegungen zunehmend Leitfaden der Politik sein sollen. – Wenn ich mir dann den Börsegang der Telekom und dessen Er


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite