Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 127

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gebnis anschaue, dann muss ich sagen: In einem Privatbetrieb wären Sie als Verantwortlicher nicht mehr dort, wo Sie heute sind! Da wäre die Sache schon erledigt! Auch in Anbetracht des Absinkens der ÖIAG-Anteile im vergangenen Jahr, welches ein Minus von mehr als 38 Milliarden Schilling bedeutet, ist festzustellen, dass Sie nicht mehr dort wären, wo Sie heute sind. (Abg. Neudeck: Waren Sie "Konsum"-Genossenschafter?) Daher frage ich: Mit welcher privatwirtschaftlichen Logik agieren Sie hier?

Herr Bundeskanzler! Sie und Ihr wichtigster wirtschaftspolitischer Berater Prinzhorn, der nach Aussage des Finanzministers Androsch seinerzeit im wirtschaftlichen Sterbezimmer gelegen ist, weil er in seiner Branche so erfolglos war, und der erst mit einer Papiermaschine wiederbelebt wurde, damit er mit seinen Unternehmen überhaupt wirtschaftlich weiterexistieren konnte – wahrhaft ein "Duo infernal"! –, wollen uns etwas über Wirtschaftspolitik erzählen! Ich meine, es ist ganz schön dreist, wie Sie in Anbetracht dieser Datenentwicklung – ich rede jetzt gar nicht von der Inflationsrate und vom Wirtschaftswachstum und davon, dass wir im EU-Durchschnitt bereits Schlusslicht bei der Einkommensentwicklung und beim Wachstum sind – dieses Land in schlechte Zeiten führen! Das muss man sehen! Und dann stellen Sie sich her und reden hier über diverse Sekretäre, die inkompetent seien, und reden über die 30 Jahre Kanzlerschaft der Sozialdemokraten, von denen Sie ja 14 Jahre lang mit dabei waren, als wäre all das nichts, als wäre nichts geleistet worden. Vielleicht ist das aber auch eine Beurteilung Ihrer Arbeit, denn Sie waren ja Mitglied dieser Regierung und haben die meiste Verschuldung mit zu verantworten!

Was mich jedoch so stört, ist, dass Sie auch Sand in die Augen der Österreicher streuen wollen. Deswegen heißt unsere jetzige Kampagne "SOS Demokratie"! Es soll nämlich auf Samtpfoten in diesem Land die Demokratie reduziert und abgebaut werden, und unsere Aufgabe wird es sein, darauf hinzuweisen, dass wir dagegen Widerstand leisten werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das, was Sie mit der Sozialversicherung vorhaben, bedeutet, dass ein Wahlergebnis der Arbeiterkammerwahlen durch ein Gesetz so umgedeutet werden soll, dass dann eine Mehrheit vorhanden ist, die Ihnen und Ihrem Koalitionspartner genehm ist. Das Geschrei in den Medien und von Seiten Ihrer Partei, das begonnen hätte, wenn so etwas unter der Konstellation einer anderen Regierung in einem anderen Bereich versucht worden wäre, das hätte ich mir dann gerne angehört!

Jetzt setzen Sie einen unverzeihlichen Schritt gegen die demokratische Kultur und auch gegen unsere Demokratie. Und wenn dagegen, und zwar zu Recht, eine Demonstration angesagt wird, bei welcher besorgte Österreicherinnen und Österreicher gegen diesen Demokratieabbau auftreten wollen, dann wird hier eine Kampagne losgelöst, die in Wirklichkeit sogar das Demonstrationsrecht diskreditiert. (Abg. Wochesländer: Sie haben die Leute aufgehetzt!)

Im Hinblick darauf frage ich mich: Wo soll in diesem Land Demokratie noch stattfinden? In der Art und Weise, wie Sie mit uns hier im Parlament umgehen, dass Sie wenige Stunden vorher mit irgendwelchen Abänderungsanträgen oder Vorlagen hier auftreten? Oder indem das Demonstrationsrecht diskreditiert wird oder ein ORF-Gesetz gemacht wird, nach welchem Sie dann bestimmen, welche Sendungen zu welchen Themen mit welchen Diskutanten an welchem Ort und zu welcher Sendezeit ausgestrahlt werden dürfen? (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Damit starten Sie faktisch den Versuch, den Handlungsspielraum der Opposition, der Andersdenkenden und der besorgten Österreicher einzuengen, und das würde nur mehr darin seinen Gipfelpunkt finden, wenn Sie überhaupt beschließen, dass die nächsten Parlamentswahlen ausgesetzt werden und erst dann gewählt wird, wann es Ihnen genehm ist und Sie eine sichere FPÖ- und ÖVP-Mehrheit haben! Deswegen tragen wir die Plakette mit der Aufschrift "SOS Demokratie", weil wir hier Gefahr im Verzug sehen und weil es notwendig ist, dass die Österreicherinnen und Österreicher dagegen einen legitimen politischen Widerstand im Rahmen unserer Demokratie entwickeln! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Wo ist Ihr wichtigster Bündnispartner, Klubobmann Westenthaler, heute? Ich frage Sie das nicht, weil er mir abgeht, sondern weil ich meine, dass er in dieser Debatte


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