Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 217

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Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

22.30

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das zur Diskussion stehende Gesetz ist im Wesentlichen ein Gesetz über die Organisation des Obersten Gerichtshofes über technische Möglichkeiten, insbesondere über die Art und Weise, wie Dokumentationen aufgebaut werden können, die bei der rechtlichen Arbeit im Rahmen des Evidenzbüros verwendet werden.

Wir werden diesem Gesetz zustimmen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit aber trotzdem ein paar Punkte anmerken, die mir bei der Betrachtung der Materie eher unangenehm aufgestoßen sind.

Das Erste war eine Stellungnahme der Generalprokuratur, die sich zu einem Zeitpunkt hereinreklamiert hat, als das Stellungnahmeverfahren bereits begonnen hatte. Das zeigt einmal mehr, dass die Bundesregierung offensichtlich nicht gewillt ist, wirklich jene Kreise in die Diskussion mit einzubeziehen, die eigentlich auf Grund ihrer Sachkompetenz Inputs liefern könnten.

Ich lese in der Stellungnahme der Generalprokuratur: Diese weist mit Bedauern – wortwörtlich – darauf hin, dass sie als unmittelbar betroffene Behörde erst im Begutachtungsverfahren in den Gesetzwerdungsvorgang eingebunden, ja erst jetzt von der Absicht auf Änderung des OGH-Gesetzes überhaupt in Kenntnis gesetzt wurde.

Herr Bundesminister! Ich glaube, es geht einfach nicht, dass man permanent Kreise, die Sachkenntnis einbringen könnten, aus Furcht vor einer allfälligen Kritik ausschließt. Ich würde daher ersuchen, doch zur Kenntnis zu nehmen – ich meine nicht nur Sie persönlich, sondern das ist grundsätzlich ein Problem dieser Regierung –, dass man Diskussionen vor der Beschlussfassung von Gesetzen zu führen hat, weil sonst letztendlich das herauskommt, was uns der Verfassungsgerichtshof jetzt in einer Reihe von Entscheidungen zeigt: nämlich dass Gesetze zustande kommen, die Husch-Pfusch sind, die inhaltlich schwach sind, die aufgehoben werden. Ich meine, Sie könnten sich diese Peinlichkeiten eigentlich ersparen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Der nächste Punkt, der eigentlich auch ein Paradebeispiel für den Versuch war, Berufene zum Schweigen zu bringen oder an einer Entfaltung zu hindern, war die Frage betreffend den Tätigkeitsbericht. Es ist vorgesehen und bis jetzt auch immer der Fall gewesen, dass der Oberste Gerichtshof Tätigkeitsberichte verabschiedet, in denen dargestellt wird, was aus seiner Sicht in der Entwicklung in der Justiz zu beanstanden ist, wo Verbesserungsvorschläge unterbreitet werden und wo nicht.

Es gab die Diskussion darüber, ob dieser Bericht des OGH veröffentlicht werden kann, ob er einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Und siehe und staune! Es hat erst eines Aufschreis des OGH bedurft, einer umfangreichen Diskussion, ehe Sie sich – ich weiß nicht, ob Sie, Herr Minister, oder sonstige Personen innerhalb Ihres Ministeriums – bereit erklärt haben, sicherzustellen, dass dieser Bericht in der Öffentlichkeit auch tatsächlich präsentiert werden kann, weil ursprünglich vorgesehen war, dass der Bericht an das Ministerium übersendet wird und dort in einer Lade verschwinden kann – nicht muss, aber verschwinden kann.

Insofern stehe ich nicht an, Ihnen zu danken, dass es letztlich – wie auch immer das zustande gekommen ist – dazu kommt, dass der OGH nunmehr auch die Möglichkeit hat, seinen Bericht in der Öffentlichkeit darzulegen.

Warum das nicht auch hinsichtlich der Stellungnahme möglich ist, die der OGH von sich aus angeregt hat, indem er gesagt hat, wir hätten gerne die Möglichkeit, zu laufenden Entwicklungen Stellung zu nehmen und unsere Expertise abzugeben, verstehe ich nicht. Ich nehme an, dass hier offensichtlich wieder die Angst besteht, eine Kritik des OGH könnte dieser Regierung nicht genehm sein. Daher wurde diesem Wunsch nicht stattgegeben.


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