Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 34

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Ich sage Ihnen: Mit diesem Gesetz wollen Sie sich die Beschränkung der Unabhängigkeit und die Beschränkung der journalistischen Freiheit noch mehr erleichtern – noch mehr Einfluss für Sie, noch mehr Westenthaler im Fernsehen, noch mehr Schüssel im Fernsehen. Das ist Ihr Programm, das Sie haben! Dazu kann ich nur sagen: Das kann der Gebührenzahler nicht wollen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Klubobmann Khol sagt immer: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! Ich würde das erweitern und würde sagen: An ihrem schlechten Gewissen sollt ihr sie erkennen! (Beifall bei der SPÖ.)

Anders kann ich mir nicht erklären, warum die ÖVP, wenn der ORF einen "Runden Tisch" zur ORF-Reform durchführt, geschlossen dort nicht hingeht. Das nenne ich Diskussionsverweigerung. Man stellt sich nicht. Man ist der Hauptbetreiber dieses Gesetzes, man will aus dem ORF den absoluten Schwarzfunk machen, das will man, ein bisschen schwarz-blau, vielleicht stärker, wenn Herr Westenthaler stärker ist, und vielleicht sogar noch stärker, wenn Haider Herrn Westenthaler lässt, aber Schwarzfunk ist das Hauptziel der ÖVP. Das will man natürlich nicht am "Runden Tisch" des ORF eingestehen, da will man sich nicht hinsetzen und sagen: Ja, eigentlich ist das alles ein Schmäh, was wir vorhaben, wir wollen Einfluss auf den ORF, und der liebe Gebührenzahler wird es ohnehin nicht merken!

Das wird so sein wie bei den Werbeeinschaltungen der Bundesregierung, bei denen bei der Serie "Zukunft ohne Schulden" nicht unten steht: "eine Werbeeinschaltung der Bundesregierung", sondern es steht ganz zart und unauffällig: "eine Information der Bundesregierung". Das wird möglichst nahe bei der "ZiB" plaziert, damit jeder Gebührenzahler glauben könnte: Hoppala, das ist eine Information, die überhaupt objektiv ist! (Abg. Dr. Khol: Sie ist objektiv!)  – Da kann jeder nur lachen! Die Information der Bundesregierung ist Lichtjahre von der Objektivität entfernt, aber Sie wollen es im ORF natürlich verwirklicht sehen, und das sei in diesem Zusammenhang einmal kritisch angemerkt.

Das ist das Ziel, und deshalb haben Sie sich nicht an den "Runden Tisch" gesetzt. Da haben alle abgesagt, auch die so genannten Unabhängigen haben plötzlich mit telepathischer Kommunikation den Schluss gezogen: Da gehe ich nicht hin!, und zwar die Pammers und die Pekareks und vor allem der Vorsitzende des ORF-Kuratoriums, Herr März, natürlich ein ehrenwerter Professor, aber loyal gegenüber dem Herrn Bundeskanzler Schüssel, loyal gegenüber der ÖVP; er ist natürlich auch nicht hingegangen.

Das werden dann diejenigen sein, die im Stiftungsrat sitzen, nicht aussehen wie Politiker, aber agieren sollen wie Politiker. Es ist Sand in die Augen der Österreicher zu streuen, wenn man sagt: Schieder geht raus, Khol geht raus, Westenthaler geht raus, Cap geht aus dem höchsten Gremium des ORF raus. (Abg. Ing. Westenthaler: Schennach! Schennach! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Kein Problem, wir gehen gerne raus, aber anstelle dessen kommen Ihre Vertrauensleute in den Stiftungsrat hinein (Abg. Wochesländer: Das ist der Punkt, der Ihnen so weh tut!), und die werden auf Knopfdruck das machen, was Sie wollen, nämlich die Unabhängigkeit des ORF einschränken, Einfluss auf die Berichterstattung nehmen und in Wirklichkeit den Gebührenzahlern vorgaukeln, der ORF wäre unabhängig. Das ist unlauter, und daher ist eine Befragung der Gebührenzahler die Antwort! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher verstehe ich, warum Sie vor einer Hörer- und Seherbefragung Angst haben, denn wer von Ihrer Seite will schon den Gebührenzahlern mitteilen: Liebe Gebührenzahler, hier marschieren die Trojanischen Pferde des ÖVP-Klubs und des FPÖ-Klubs auf, und in diesen Pferden befinden sich alle unter dem Titel "große Namen" und mit einer Expertenaura, die aber in Wirklichkeit das machen sollen, was wir von Ihnen wollen.

Zu dieser Ehrlichkeit sollten Sie sich eigentlich aufraffen. Sie sollten hier herausgehen und sollten sagen: Ja!

Schauen Sie, da war Klubobmann Westenthaler einmal ehrlicher, als er gesagt hat: Na was, auf die Entsendungsrechte der Parteien, die Einflussnahme der Parteien auf den ORF wollen wir nicht verzichten, es geht nämlich um Gesellschaftspolitik!


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