Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 37

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(Abg. Grabner: Und am Sonntag wieder in die Kirche gehen und beichten!) – Wir werden das nicht dulden! Wir reformieren den ORF. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! In Ihrem Schluss haben Sie auf die Polemik im Verfassungsausschuss hingewiesen. Ich möchte diese Bemerkung nicht wiederholen. Wenn sich irgendjemand persönlich getroffen gefühlt hat, dann kann ich nur sagen: Ich habe den Rotfunk gemeint und nicht Personen, aber wenn sich jemand betroffen gefühlt hat, dann tut es mir Leid. Ich bedauere das! (Abg. Grabner: Er geht eh am Sonntag wieder beichten, der Khol!)

Lieber Noldi Grabner! Du hast es mit der Beichte. Ich hoffe, du gehst oft. (Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Gerd Bacher hat in seinem Bericht zur vorliegenden Regierungsvorlage geschrieben: Der Ruf nach einer Sanierung des Kreisky-Gesetzes aus 1974 ist so alt wie dieses Gesetz selbst. Es war und ist parteipolitisch motiviert und auf eine geradezu absurd stümperhafte Weise funktionswidrig.

Gerd Bacher geißelt also das, was unter sozialdemokratischen Kanzlern aus dem ORF geworden ist.

Das neue Gesetz, so schreibt er, hat die Stärkung der Unabhängigkeit und die Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils des ORF zum Ziel. Ob es erreicht wird, hängt wie bei jedem Gesetz von der Geschäftsführung und dem Stiftungsrat ab, der nun Aufsichtsverantwortung trägt. Die ORF-Reform, so Bacher, ist notwendig, weil seit Einführung des privaten Fernsehens der öffentlich-rechtliche Rundfunk europaweit und ganz besonders in Österreich in einer Sinnkrise lebt.

Meine Damen und Herren! Diese Sinnkrise wollen wir lösen, diese Sinnkrise wollen wir beheben. Wir wollen im Geiste des Volksbegehrens von 1964, im Geiste der Rundfunkreform, die dem ORF 1966 die Unabhängigkeit gegeben hat, heute dem ORF seine Unabhängigkeit geben und seinen öffentlichen Auftrag erneuern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dagegen wehren sich die Kuratoren Herr Cap und Herr Schieder, die so wie ich im Kuratorium sitzen und immer wieder merken, dass das eine unvereinbare Interessenkollision ist. Wo liegt das Interesse: im öffentlich-rechtlichen Auftrag, über den der Kurator wachen soll, oder im Auftrag der Partei, die er vertritt, oder in seinem eigenen Ego, das er auch im ORF widergespiegelt haben will? – Diese Interessenkollision macht es absolut notwendig, aktive Politiker aus dem ORF zurückzuziehen. Wir werden keine Mandatare, keine Parteiangestellten, keine Parteisekretäre, keine Klubmitarbeiter, keine Pressereferenten, keine Personen, die diese Interessenkollision nicht lösen können, mehr in Versuchung bringen. Ne nos inducas in tentationem! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Hauptzweck des Gesetzes ist darüber hinaus, den Bestand des Österreichischen Rundfunks auf Dauer zu sichern. Daher wird diese große Anstalt, dieses große Bestandsvermögen, das große Kapital in eine Stiftung des öffentlichen Rechts eingebracht, die sich selbst gehört, die keinen Eigentümer mehr hat, sondern nur das Publikum. Die Hörer und Seher sind in Zukunft die Eigentümer des ORF (Abg. Dr. Cap: Na Wahnsinn!), und diese Stiftung hat einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, der die Gebührenbezahlung rechtfertigt und der die Stiftung auf Dauer in den österreichischen Seelen und Köpfen verankern soll, meine Damen und Herren!

Wir haben diesen gesetzlichen Auftrag sehr genau definiert. Wir haben auch die österreichische Note dabei besonders herausgehoben (Ruf bei der SPÖ: Ihre Noten!): Österreichische Kunst, österreichisches Musikschaffen, österreichisches Filmschaffen und qualitätsvolle Sendungen sollen weiter und noch mehr zum Tragen kommen. Wir wollen auch derartige Kulturinstitutionen wie das Radiosymphonieorchester des Österreichischen Rundfunks absichern, und daher ist der öffentlich-rechtliche Auftrag sehr präzise geworden und wird auch einklagbar sein.

Damit, meine Damen und Herren, sichern wir den Bestand des Österreichischen Rundfunks, der zu 50 Prozent aus Gebühreneinnahmen und zu 50 Prozent aus Werbeeinnahmen finanziert


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