Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 52

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3. die Erhöhung der Selbstorganisationsfähigkeit des Unternehmens und die Wiedereinführung eines durchgehenden Weisungsrechtes des alleinverantwortlichen Geschäftsführers, um die Effizienz des Unternehmensmanagement zu stärken;

4. die Vereinfachung und Vereinheitlichung des Bestellungsvorganges des Generalintendanten und der leitenden Funktionsträger.

Weiters beinhaltet die Novelle ein Forderungsprogramm der Hörer- und Sehervertretung, die unter der neuen Bezeichnung Publikumsrat mehr Kompetenzen für ihre Funktion als Wahrer von Publikumsinteressen anstrebt.

Die Novelle versteht sich als Fortentwicklung der durch das Bundesverfassungsgesetz durch die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks 1974 vorgegebenen Grundsätze des österreichischen Rundfunkrechts durch Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu § 1 Abs. 2:

Wie aus einem Bericht einer Arbeitsgruppe des Kuratoriums hervorgeht, sollen klärende Bestimmungen zur Rechtspersönlichkeit des ORF geschaffen werden. Durch das RFG 1974 wurde der ORF von einer GesmbH in eine Rechtsperson des öffentlichen Rechts sui generis umgewandelt, wodurch ein Gesellschaftsvertrag zur Bestimmung des Unternehmensgegenstandes nicht mehr zur Verfügung stand und die Geltung bestimmter, für Kapitalgesellschaften bestehender gesetzlicher Regelungen fraglich ist.

Das Handelsgesetzbuch enthält in den §§ 221 ff ergänzende Vorschriften für die Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften, deren Anwendung auf den ORF angesichts seiner Struktur und Größe jedenfalls zweckmäßig ist. Sie bringen auch die Verpflichtung zu einem Konzernabschluss und einem Konzernlagebericht. Soweit das RFG – etwa hinsichtlich der Bestellung der PrüferInnen – eigene Regelungen enthält, gelten diese als lex specialis weiter. Auch hinsichtlich der Körperschaftssteuer soll der ORF wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werden, wodurch die Zurechnung von Gewinn (Verlust) von Tochterunternehmen zum ORF als Organträger in steuerlicher Hinsicht möglich wird.

Zu § 1 Abs. 3:

Nach der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes ist, anders als für die staatliche Verwaltung, das Gesetz für das Handeln des ORFs nicht Voraussetzung, sondern lediglich Schranke. Bisher wurde, obgleich dem ORF gemäß § 1 Abs 2 RFG Kaufmanneigenschaft zukommt, die Zulässigkeit der Tätigkeit des ORF in Geschäftsfeldern, die nicht als seine Aufgabe im RFG festgeschrieben oder deren Ausübung sonst wie im Gesetz erwähnt wird, verschiedentlich in Zweifel gezogen. Teilweise wurde dabei die Auffassung vertreten, der ORF sei innerhalb der Schranken des RFG lediglich zu Annextätigkeiten berechtigt; andere Auffassungen gingen dahin, dass dem ORF jedenfalls die Ausübung derjenigen Tätigkeiten, mit denen er Mitbewerberin zu seinen Rundfunkaufgaben verwandten Bereichen wäre, untersagt sei.

Der Unternehmenszweck des derzeit geltenden Rundfunkgesetzes ist auf "die Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen" beschränkt. Die Kommunikation der Zukunft ist aber durch Multimedialität (Verschmelzen von Radio, Fernsehen, Telephon, Computer u.a.) geprägt. Radio und Fernsehen – wie wir es heute noch kennen und nutzen – verlieren als isolierte Medien an Bedeutung. Der ORF, soll er lebendig weiterbestehen, ist gefordert, sich zu einem multimedial aktiven Kommunikationsunternehmen zu entwickeln. In diesem Sinn ist es daher notwendig, die entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen zu schaffen.

Die Öffnung des ORF für neue Geschäftsfelder ist auch deshalb von Bedeutung, da nur ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk aufgrund seiner Grundversorgungsfunktion die Entwicklung einer medialen (digitalen) Zweidrittelgesellschaft verhindern kann. Im übrigen wird auch im Grünbuch


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