Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 82

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Auch wenn Sie in Ihrer Rede in der üblichen Schlagzahl versucht haben, die Kritik der Oppositionsparteien wegzureden, es bleibt dabei: Dieses Gesetz wird die politische Unabhängigkeit des ORF beseitigen (Abg. Böhacker: Das ist unglaublich!), es wird die wirtschaftliche Positionierung des ORF schwächen, und es wird massiver Einfluss auf die Programmgestaltung des ORF durch dieses ORF-Gesetz vorgenommen. Summa summarum schaffen Sie durch dieses Gesetz ein gewaltiges Bevormundungsinstrument, und zwar ... (Abg. Böhacker: Glauben Sie das wirklich, was Sie da sagen?!)

Das glaube ich nicht nur wirklich (Abg. Böhacker: Das ist aber bedauerlich!), sondern das steht ganz klar in diesem Gesetz und ist dort nachzulesen beziehungsweise ist aus diesem Gesetz abzuleiten. Sie brauchen ja nur mit den betroffenen Leuten zu reden, die das auch beurteilen können.

Dieses gewaltige Bevormundungsinstrument wird einerseits die Beschäftigten im ORF und andererseits auch die Hörer- und SeherInnen über den massiven Einfluss auf die Programmgestaltung treffen.

Weil Sie, die Vertreter und Vertreterinnen der Regierungsparteien, immer wieder betonen, dass durch dieses Gesetz eine Entpolitisierung des ORF vorgenommen würde, darf ich Ihnen sagen: Nach der Lektüre dieses Gesetzes müsste Ihnen die Schamröte ins Gesicht steigen, wenn Sie das behaupten! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic.  – Abg. Neudeck: Die sozialdemokratische Schamröte!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Spur von Entpolitisierung! Ganz genau das Gegenteil ist der Fall! Dieses Gesetz schafft Politisierung total: einerseits durch die Besetzung des Stiftungsrates und andererseits dadurch, dass dieser nach wie vor massiv politisch besetzte Stiftungsrat viel mehr Kompetenzen erhält, auf die Programmgestaltung bis hin zu Positionsbesetzungen Einfluss zu nehmen. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer schüttelt verneinend den Kopf.) Jawohl, auch wenn Sie den Kopf schütteln, Frau Kollegin, es ist so. Lesen Sie nach in Ihrem eigenen Gesetz! Dieser Einfluss wird ausgebaut. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt nicht! Es ist genau gleich wie das alte Gesetz! Wortidentisch! Sie haben nie in das Gesetz hineingeschaut!)

Wenn man über Politisierung und Entpolitisierung im ORF redet, was in Ordnung ist, dann gibt es zwei Wege: Der eine Weg ist, politischen Einfluss auszuweisen, und zwar so auszuweisen, dass er entsprechend den Entscheidungen, dem Abstimmungsverhalten der einzelnen Personen, die zuordenbar sind, auch wirklich nachvollziehbar ist. So war das bis jetzt, und es ist berechtigt, darüber zu diskutieren, ob das in der richtigen Form erfolgte oder ob man nicht Schritte in Richtung Entpolitisierung vornehmen soll.

Der zweite Weg wäre gewesen, eine tatsächliche Entpolitisierung vorzunehmen. Da hat Kollege Krüger schon den Wegweiser gestellt: Dann müsste man den Entsendungsmodus ändern. Das ist richtig. Aber es kommen weiterhin die entsendenden Organisationen beziehungsweise Institutionen aus dem politischen Bereich.

Halten Sie doch die Leute nicht für so dumm, glauben Sie doch nicht, dass diese Ihnen abnehmen, dass die Personen, die Sie da hineinschicken, wirklich politische "Engerl" sind, die überhaupt keine Ahnung haben und die mit Ihnen nie Kontakt aufnehmen. Selbstverständlich sind das Leute, die Ihr politisches Vertrauen haben werden.

Sie haben sich weder für die eine offene Variante noch für die andere offene Variante entschieden, Sie haben sich dazu entschieden, politischen Einfluss auszubauen, aber zu verschleiern. Genau das kritisieren wir! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Personen werden auch – das habe ich schon angedeutet – wesentlich mehr Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten haben, und zwar bis hin zur Programmgestaltung, bis hin zu Personalentscheidungen, was ja in einem "entpolitisierten" ORF ganz wichtig ist, nämlich dass man bei den personalpolitischen Entscheidungen von politischer Seite her noch mehr mitreden kann, damit es ja nicht passiert, dass in irgendeinem Bereich irgendjemand eine Position einnehmen kann, der Ihnen politisch nicht in den Kram passt.


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