Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 92

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Darüber hinaus gibt es natürlich ganz massive wirtschaftliche Kriterien, die gegen dieses Gesetz sprechen. Meine Damen und Herren! Jeder weiß, dass im Online-Bereich die Zukunft dieser Medien liegt. Man schließt den ORF von der Zukunft aus! Wenn man ihm ein neues Korsett verpasst, muss man ihn ja nicht gleich wirtschaftlich ruinieren. Wenn ich ein Medium von den Online-Diensten ausschließe, dann ist es ihm nicht möglich, in Zukunft an diesem wirtschaftlich wichtigen Teil des Mediengeschehens teilzunehmen. Aber das beruht wahrscheinlich darauf, dass der Bundeskanzler ein bisschen Probleme mit der Online-Generation hat und mit der Internet-Generation nichts anfangen kann. Jetzt hat er die Möglichkeit, seine Überzeugung auch in den Medien umzusetzen.

Der Chef des Prognos-Institutes, der beim Hearing anwesend war, sagte: Publizistische Unabhängigkeit ist nur dann möglich, wenn die Geschäftsführung so unabhängig ist wie nur irgendwie möglich. Ein Durchgriff des Stiftungsrates bis auf Programmebene läuft diesen Anliegen diametral zuwider. – Und das ist in § 21 verankert.

Und auch § 3 Abs. 5 des ORF-Gesetzes bewirkt einen Ausschluss von der Zukunft, denn darin ist festgeschrieben, dass Online-Dienste nicht zugelassen werden.

Wenn Sie von Unabhängigkeit sprechen, Frau Vizekanzler, dann frage ich mich, warum gerade die unabhängigen Redakteure eine Resolution gegen Ihre "Intervenitis" und gegen Ihre Interventionen, Herr Bundeskanzler, beschlossen haben. Ganz einfach: weil Sie permanent intervenieren, weil Sie nicht wollen, dass objektive Berichterstattung stattfindet. Ich erspare es mir, die einzelnen Vorwürfe hier noch anzuführen, weil sie bereits Legion sind.

Aber eines möchte ich noch sagen: Einen Betrieb wie den ORF, der wirtschaftlich erfolgreich ist und daher Rücklagen ansparen konnte, jetzt wirtschaftlich zu schädigen, ist ein Wirtschaftsverständnis, das ich nicht mehr nachvollziehen kann. Ein erfolgreiches Unternehmen zu unterstützen wäre doch Sache der Regierung – doch nicht zu schädigen, nur weil Rücklagen angespart worden sind!

Den Filmschaffenden versetzen Sie einen Schlag ins Gesicht. Zu behaupten, dass durch mehr private Sender mehr Filme produziert würden, ist schlichtweg falsch, weil diese Sender nicht für den österreichischen Markt produzieren werden, sondern ausschließlich für den deutschen Markt, weil er größer ist. Das heißt, es werden nicht österreichische Filmschaffende zum Zug kommen, sondern es werden die Billigproduktionen aus Deutschland hereingeholt und kein eigenständiger österreichischer Film mehr gemacht werden. Der kann nur durch den ORF und in Co-Produktion mit dem ORF gemacht werden!

Daher: 600 Millionen Schilling als Ersatz für die Gebührenbefreiung nicht zu gewähren und jetzt den ORF wirtschaftlich zu schädigen, das bedeutet einen Schlag ins Gesicht der Filmwirtschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb habe ich noch zwei Anträge, mit denen dem entgegengewirkt werden soll, vorzutragen.

Der erste Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Petrovic, Dr. Wittmann und GenossInnen betreffend Aufträge des ORF an die österreichische Filmwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat erwartet, dass die Geschäftsführung auf Grund des neuen ORF-Gesetzes wenigstens 20 Prozent der dem ORF zufließenden Rundfunkgebühren, zumindest aber 1 Milliarde Schilling, für fiktionale Produktionen von Filmen, Serien und Dokumentarfilmen von österreichischen, unabhängigen und senderfremden Produzenten verwendet.

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