Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 111

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Wir gehen in die Debatte ein. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

14.18

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das neue Universitäts-Dienstrecht steht auf der Tagesordnung, aber auch wenn wir heute über das Universitäts-Dienstrecht reden und in der Folge darüber auch abstimmen werden, kann man dieses Thema nicht von jenem Umfeld trennen, in welchem diese Diskussion heute stattfindet.

Man kann das neue Universitäts-Dienstrecht nicht vom Versuch einer kalten Übernahme der Macht in der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten trennen. (Abg. Dr. Brinek: Wir sind bei einem anderen Tagesordnungspunkt!) Man kann diese Diskussion auch nicht vom Versuch einer politischen Einflussnahme auf die größte Medienorgel dieses Landes trennen, wie wir das gerade erlebt haben. Man kann das Ganze auch nicht trennen vom Umfeld einer politischen Entwicklung in Richtung Privatisierungen und vom Verhältnis Staat – Privat auch im Bildungssystem.

In den Vorgesprächen und in den Diskussionen im Vorfeld dieses Universitäts-Dienstrechts wurde gerade von Seiten der Regierungsparteien des Öfteren in einer Art und Weise argumentiert, als würde es sich beim neuen Universitäts-Dienstrecht um eine Art Vertreibung der Angehörigen der Universitäten aus einem Paradies handeln – um eine notwendige Vertreibung, weil es denen allen so wahnsinnig gut oder zu gut gehe und weil diesbezüglich etwas zu ändern sei.

Da danken wir durchaus jenen, die so argumentieren, für den Beweis dafür, dass es unter der von der SPÖ geführten Regierung den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an den Universitäten besser gegangen ist – zumal Sie den Eindruck haben, es sei ihnen vielleicht zu gut gegangen. Wir schämen uns nicht dafür, dass wir für ein Dienstrecht gesorgt haben, das sichergestellt hat, dass die Leute ordentlich arbeiten können und dass sie gute Bedingungen vorfinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde im Vorfeld der Diskussion auch immer wieder das Gutachten von Professor Marhold zitiert, der einen europäischen Rechtsvergleich angestellt hat, und dann argumentiert, dass es laut diesem Gutachten nur mehr in Tschechien so ein Dienstrecht gäbe wie bei uns.

Ich habe mir das sehr genau angesehen, und es lohnt sich, sich diese rechtsvergleichende Studie, für die wir dem Ministerium durchaus danken, anzuschauen. Die zentrale These von Professor Marhold lautet nämlich, dass es vom gesamten arbeitsrechtlichen Umfeld in einem Staat abhängt, wie das öffentliche Dienstrecht gestaltet ist, und dass dort ein stärkerer Bestandschutz auch für Hochschullehrer zu finden ist, wo das allgemeine Arbeitsrecht den Arbeitnehmern einen solchen verstärkten Bestandschutz einräumt.

Was will ich damit sagen? – Das heißt, dass Österreich hinsichtlich des Arbeitsrechtes aus all den Jahrzehnten sozialdemokratischer Sozialpolitik einen hohen Bestandschutz insgesamt aufweist und sich das natürlich auch auf die Universitäten niederschlägt. Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, das sei zu verändern und man wolle zunächst einmal im öffentlichen Dienstrecht damit beginnen, dann wissen wir, was die Folge sein wird: Diese Dinge sind nicht trennbar, und das wird sich daher dann genauso auf den Bestandschutz und auf die Rechte der Arbeiter und Angestellten in den anderen Arbeitsbereichen niederschlagen. Daher muss man sagen, dass hier Vorsicht geboten ist, wenn es um den Abbau solcher Rechte geht.

Die Standing Ovations, die auch am Schluss dieses Tagesordnungspunktes zu erwarten sind – denn Sie beklatschen ja jedes Gesetz, obwohl es irgendwie selbstverständlich ist, dass man ein solches mit einer Mehrheit beschließen kann –, die Gratulationen, die Sie sich selbst aussprechen, sind für uns nicht ausschlaggebend, sondern ausschlaggebend ist für uns, was die Betroffenen zu einem solchen Gesetz sagen. (Beifall bei der SPÖ.)


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