Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 161

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Und was passiert dadurch den Bürgerinnen und Bürgern? – Unter dem Titel "bürgernahe", "Bürgerservice" wird den Bürgerinnen und Bürgern der rasche, der einfache Weg zur Verwaltung einfach abgesperrt. Dort, wo, wie Sie als Bürgermeister wissen, Herr Kollege, für die Bürgerinnen und Bürger verständnisvoll und nach Möglichkeit rasch, schnell und wirklich mit Verständnis und Fingerspitzengefühl entschieden wurde, dort wird man nicht mehr entscheiden können, weil: Ohne Bus und Bahn kommt man ja viel schneller bei der Bezirksverwaltungsbehörde an, Herr Kollege! (Abg. Hornek: Ahnungslos und lächerlich!)

Damit ist es aber noch nicht genug. Und davon werden auch Sie betroffen sein, Sie und Ihre Bürgerinnen und Bürger. In einem Artikel des "Standard" vom 28. Juni mit dem Titel "Wasserwirtschaft muss zerschlagen werden" heißt es wörtlich – ich zitiere –:

"Österreichs kleinstrukturierte Wasserwirtschaft soll zerschlagen, in große Einheiten aufgeteilt und in der Folge weitgehend privatisiert werden. Das ist die Kernaussage des Endberichts einer von Landwirtschafts- und Umweltminister Wilhelm Molterer in Auftrag gegebenen, noch unter Verschluss gehaltenen Studie der weltgrößten Beratungsfirma PriceWaterhouseCoopers." – Ende des Zitats.

Was heißt denn das? – Das heißt, dass bereits Vorbereitungen getroffen werden für die Zeit, wenn den Gemeinden die Luft ausgeht und sie sich finanziell nicht mehr bewegen können! (Abg. Hornek: Das ist nur bei sozialistischen Bürgermeistern so! Bei mir nicht!) Um die wichtigsten Maßnahmen für ihre Bürgerinnen und Bürger aufrechtzuerhalten und etwas für diese tun zu können, wird nichts anderes übrig bleiben, als die Wirtschaftsbetriebe – siehe gestriger Entschließungsantrag –, als die Wasserver- und Abwasserentsorgung zu verkaufen, zu privatisieren, aber nicht an irgendjemanden in der Gemeinde, Herr Kollege – nein! (Abg. Hornek: Genossenschaft!) Die Vorbereitungen gehen so weit, dass sich bereits internationale Konzerne dafür interessieren.

Und dann, Herr Bürgermeister, frage ich mich: Wo ist der demokratische Einfluss der Bürger? Er kann dann vielleicht nach Paris, nach Stuttgart oder Rom fahren, wenn die Wasserqualität nicht stimmt, denn bei Ihnen vorzusprechen wird nichts mehr helfen. Sie werden keine Eingriffsmöglichkeit mehr haben! (Abg. Hornek: ... ahnungslos!)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine Art und Weise des Umgangs mit dieser österreichischen Republik, die wir nicht goutieren können und gegen die wir auftreten werden.

Gleichzeitig wollen Sie dieses geschickte Netzwerk, das Sie begonnen haben aufzubauen, was mit dieser Geheimstudie noch untermauert wird, vervollständigen und den Bürgerinnen und Bürgern in Wirklichkeit die Daumenschrauben anlegen.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, behaupte ich – und das ist in allen Unterlagen und Vorschlägen für die morgigen Beschlussfassungen nachzulesen –: Diese Regierung regiert nicht neu! Das ist nicht neues Regieren! Diese Regierung macht keine Reformen, denn Reformen erneuern etwas. Sie sind bereits zwei Schritte in Richtung Mittelalter unterwegs!

Wir fordern vom Landwirtschaftsminister die sofortige Herausgabe dieser Geheimstudie (Abg. Großruck: Dann ist es ja keine Geheimstudie mehr!), denn was von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert wird, das muss auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern sowie den Entscheidungsträgern zur Beurteilung vorgelegt werden, damit die Menschen wissen, was auf sie zukommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher fordern wir: Wenn Sie von Dialog reden, dann halten Sie wirklich einen Dialog ein! Ihre Definition von Dialog ist: Nur Ihre Meinung zählt, Meinungen anderer werden nicht angehört! Laut Duden ist das kein Dialog! Wenn Sie von Reformen reden, dann machen Sie nicht Rückschritte ins Mittelalter, sondern Fortschritte in die Zukunft, und zwar für die Menschen dieses Landes – und nicht für Ihre Ideologie!


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