Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 327

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Die vorgeschlagenen Änderungen und teilweisen Neuformulierungen sollen aber auch ausdrücklich klarstellen, dass nicht nur der Öffentlichkeit und der Hauptversammlung gegenüber abgegebene unrichtige Informationen, sondern auch Fehlinformationen des Aufsichtsrats pönalisiert sind (vgl. insbesondere die neue Z 5). Dabei soll eine deutliche Trennung zwischen Darstellungen gegenüber der Öffentlichkeit und solchen, die dem Aufsichtsrat gegeben werden, vorgenommen werden.

Darüber hinaus wird in Übereinstimmung mit dem GmbHG und dem PSG auch der Beauftragte in den Täterkreis mitaufgenommen (kritisch zur bisherigen Differenzierung Gruber, WBl 1990, 331; Nowotny, RdW 1992, 71). Mit der Definition des OGH, RdW 1989, 193, zur gleichgelagerten Strafbestimmung des GmbHG werden unter Beauftragten etwa Beiratsmitglieder, Angestellte und Wirtschaftstreuhänder, die mit der Erstellung von Jahresabschlüssen, Bilanzen, Lageberichten oder der Emission von Geschäftsanteilen befasst sind, verstanden. In Anlehnung daran wird der aktienrechtliche Täterkreis entsprechend erweitert.

Da der Strafrahmen des § 255 AktG bereits bisher an denjenigen des Tatbestandes der fahrlässigen Krida (§ 159 StGB idF bis zu BGBl. I Nr. 58/2000) geknüpft war, nimmt der vorgeschlagene Entwurf auf den mit dem BGBl. I Nr. 58/2000 neu gezogenen Grund-Strafrahmen für grob fahrlässige Beeinträchtigungen von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB nF) von einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Bedacht und setzt die Strafdrohung entsprechend herab.

Für alle Tatbestände soll die Begehungsform vereinheitlicht werden. Zunächst ist die unrichtige Wiedergabe der Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen strafbar (in Anlehnung an § 400 dAktG). Klarstellend sind auch "einzelne Geschäftsfälle" aufgenommen, sofern sie in den Kreis der erheblichen Umstände fallen. Neben der unrichtigen Wiedergabe ist auch die Verschleierung eine mögliche Begehungsform, um die schwierige Abgrenzung zwischen Verschleierung und unrichtiger Wiedergabe entbehrlich zu machen. Pönalisiert bleibt weiterhin die Begehungsform des Verschweigens. Die bewusste Verweigerung einer Auskunft wird davon jedoch nicht erfasst sein, da das Informationsdefizit in diesem Fall erkennbar wird.

Neben den schriftlichen sind auch mündliche Auskünfte erfasst. Dies ist einerseits dadurch gerechtfertigt, dass für die Strafbarkeit Vorsatz erforderlich ist; andererseits liegt ein Korrektiv darin, dass sich die unrichtige Wiedergabe oder die Verschleierung auf die Verhältnisse der Gesellschaft oder auf erhebliche Umstände beziehen muss. Unter "Verhältnisse der Gesellschaft" werden insbesondere ihre finanzielle Situation, aber etwa auch ihre Wettbewerbsfähigkeit und andere grundsätzliche Aspekte zu verstehen sein und nicht einzelne unwesentliche Fragen. Strafbar sind daher Fehlinformationen, die die Funktion der Berichterstattung bzw. Auskunft gefährden, namentlich wenn sie für die Beurteilung etwaiger Risiken, der Vermögens- oder Ertragslage, der Rentabilität oder Liquidität oder der Vertrauenswürdigkeit des Vorstands oder des Aufsichtsrats von erheblicher Bedeutung sind. In gleicher Weise ist die Erheblichkeit von verschwiegenen Umständen zu beurteilen. Unerhebliche Umstände, die den Zweck und Wert des Berichtes oder der Auskunft nicht in einem solchen maßgeblichen Umfang zu beeinträchtigen vermögen, sind davon nicht erfasst.

Die neu formulierte Z 1 erfasst nicht mehr nur solche Berichte, die sich auf den Vermögensstand der Gesellschaft beziehen, sondern alle Berichte, Darstellungen und Übersichten an die Öffentlichkeit und die Gesellschafter. Damit unterliegen etwa auch Berichte über den Ausschluss des Bezugsrechts, der jüngst mit dem Aktienoptionengesetz, BGBl I Nr. 42/2001, vorgesehene Bericht nach § 159 Abs. 2 Z 3 und vergleichbare im AktG vorgesehene Berichte dem Straftatbestand. Das Gleiche gilt auch für Berichte nach den Vorschriften über die Gründung und Umgründung (wie Verschmelzung und Spaltung) sowie für alle Berichte nach den Rechnungslegungsvorschriften des HGB. Die bisherige Z 3 wird ersatzlos gestrichen, weil sämtliche von ihr erfassten Tatbestände bereits durch die neue Z 1 abgedeckt sind.

Die falsche Auskunftserteilung in der Hauptversammlung (mündlich und schriftlich) soll strafbar bleiben; das Gleiche gilt für öffentliche Aufforderungen zur Beteiligung an der Gesellschaft und falsche Auskünfte an den Abschlussprüfer (Z 3 und Z 4).


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