Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 375

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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Faul. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

23.24

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister, grundsätzlich darf ich vorausschicken, dass wir diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen werden. Gestatten Sie mir dennoch einige grundsätzliche Bemerkungen zu diesem AMA-Gesetz.

Herr Minister! Mir ist klar, dass Sie möglichst viele Agenden aus Ihrem Ministerium in die AMA auslagern wollen. Damit sind die Personalkosten weg, letztlich wird auch das Sparziel erreicht, und die Frau Vizekanzlerin und der Herr Finanzminister freuen sich darüber. Was mir dabei aber ein bisschen Sorgen macht, ist die Tatsache, dass die AMA ein nicht mehr unbedeutender und dadurch ein sehr unbeweglicher Riese geworden ist. Immerhin handelt die AMA schon 16 Milliarden an Förderungsgeldern pro Jahr. Auf Grund des Zeitdrucks spare ich mir die Aufzählung der gesamten Agenden, welche die AMA auszuführen hat; deren Nennung würde aber den Umfang dieser Tätigkeiten aufzeigen.

Ich verstehe auch, dass der Vorstandsvorsitzende der AMA sagt: Wir haben in dieser AMA keinen zusätzlichen Spielraum mehr. – Sie, Herr Minister, wollen in diese aufgeblähte und angespannte Institution, deren Hauptaufgabe – wie ich schon gesagt habe – die Wahrnehmung verwaltungstechnischer Agenden ist, nun die Agenda ländliche Entwicklung hineinpressen. Herr Minister! Das kommt mir so ähnlich vor, wie wenn der Chef eines Unternehmens seinen Buchhalter mit zukunftsstrategischen Aufgaben betraut. Der Buchhalter wird das nicht schaffen! Zur Auseinandersetzung mit den Strategien der Zukunftssicherung bedarf es sehr wohl des Chefs und seiner Mitarbeiter.

Herr Minister! Sie können die Fragen der Entwicklung des ländlichen Raumes auch nicht an unsere EU-Regionalstellen vermitteln und sagen, dass es dort eh viele Programme und viel Geld gibt und sich jene die Entwicklung des ländlichen Raumes selbst einrichten sollen. Dass man letztlich seitens des Bauernbundes als Eckpfeiler der ÖVP sagt, dass dieser die ländliche Entwicklung in Österreich übernehmen wird – wie ich in der Zeitung lese –, halte ich für eine Profilierungsneurose des designierten Bauernbundchefs Grillitsch.

Herr Minister! Sie tragen die Verantwortung für die Erhaltung der regionalen Infrastruktur, Sie sind verantwortlich für die Erhaltung der regionalen Kreisläufe, und Sie können diese Agenden betreffend ländliche Entwicklung letztlich auch nicht dem Bundeskanzleramt zumitteln, denn wie Sie wissen, würde sich der Bundeskanzler auch dafür nicht zuständig fühlen, sollte er gelegentlich wieder einmal aus seiner Versenkung auftauchen.

Herr Minister! Ich verstehe, dass es für Sie nicht sehr erfreulich sein kann, wenn ich Ihnen gerade Bruno Kreisky aus den siebziger Jahren als Vorbild vor Augen halte. Doch denken Sie ohne Ihre Parteivorbehalte einmal bitte über den damaligen Entwicklungsschub gerade im ländlichen Raum nach! Die Errichtung von Schulen im ländlichen Raum, die Einführung der Schülerfreifahrten, das Entwicklungsprogramm für die Bauern, die es am schwersten hatten, nämlich für die Bergbauern, die Versorgung mit Infrastruktur, Straßen und Strom bis ins hinterste Tal: All das führte zu einem Aufblühen der ländlichen Regionen!

Und Sie, Herr Minister? – Sie arbeiten dieser Entwicklung ganz kräftig entgegen! Sie betreiben einen Kahlschlag der Regionen durch Ihre falsche Förderpolitik, und Sie stellen sich gegen die Gemeinden als Verwaltungsebenen. Sie begehen einen ganz entscheidenden Fehler: Sie wollen alles zentralisieren, größer machen und dann verscherbeln. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Minister! Sie fragen sich nicht, welchen Wert die Lebensqualität in Österreich noch für die Menschen hat, welche meiner Überzeugung nach besonders bedeutend ist. Sie und die ÖVP fragen sich nicht: Ist es uns noch etwas wert, dass der Bauernstand nicht ausstirbt? Jetzt


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