Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 144

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zwischen Sensationslüsternheit und geiferndem Aufruf zur Lynchjustiz. (Abg. Dr. Khol: Na bitte! – Abg. Haigermoser: Was? Was? Was? Unerhört! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir sind hier nicht im Wiener Rathaus, wo Sie das alles sagen können! – Abg. Kiss: Sie haben nicht alle Tassen im Schrank! Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe hier ein Zitat des Grazer Primarius der klinischen Abteilung für Kinderchirurgie, Michael Höllwarth, der sagte: Frage nicht, wie es dem kleinen Mäderl geht, wenn der Vater mit einem Freispruch im Zweifel heimkommt und als erstes seine Frau tögelt, weil die dem Kind das nicht ausgeredet hat! (Abg. Dr. Fekter: Sie schützen die Missbrauchstäter!)

§ 54 Ärztegesetz gewährleistete früher den Beschäftigten in Kinderschutzgruppen, den Beschäftigten in Vereinen, die sich mit Gewalt, Prävention und Gewaltaufarbeitung befasst haben, einen behutsamen und verantwortungsvollen Umgang im Falle von Gewaltanwendungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie nehmen sich ja selber nicht mehr ernst!)

Auch die Stellungnahme der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwaltschaft hat gezeigt, dass das Ärztegesetz 1998 dazu geführt hat, dass sich Ärzte vermehrt mit der Frage des Kinderschutzes auseinander gesetzt haben.

Sie von ÖVP und FPÖ wollen da wieder zurückgehen. (Abg. Haigermoser: Nehmen Sie sich zurück mit Ihren Worten!) Sie haben das Wohl jener Kinder, die sexuell ausgebeutet werden, Sie haben das Wohl der Frauen, die von Gewaltanwendungen bedroht sind, nicht im Auge! (Abg. Haigermoser: Stimmt es, dass Sie diese Rede selbst geschrieben haben?) Sie haben diese Änderung hineingeschwindelt, da sie nicht im Begutachtungsentwurf enthalten war. (Abg. Dr. Rasinger: Mit falscher Täterromantik lösen Sie keine Probleme!) Der Unmut der Mediziner, der Kinder- und Jugendanwaltschaften hindert Sie nicht, von diesem § 54 abzugehen. (Abg. Haigermoser: Sie sollten sich einmal eine Rede schreiben lassen und nicht immer selber zur Feder greifen!)

So wird auch in einem offenen Brief sämtlicher österreichischer Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs gemeint, dass diese scheinbare Entschärfung, die Sie jetzt eingefügt haben, durch die Möglichkeit, nahe Angehörige vorerst nicht anzuzeigen, nur eine Scheinlösung ist, da eine sichere Feststellung, wer der tatsächliche Täter ist, für die Ärzte nicht möglich ist.

Sie machen Scheinlösungen, Sie haben das Kindeswohl und das Wohl von Frauen, die Gewalt ausgesetzt worden sind, nicht im Auge! Dem muss man eine klare Absage erteilen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Entsetzliche Rede!)

17.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete, ich werde mir die Protokoll-Passage aus Ihrer Rede vorlegen lassen, in der Sie das Wort "Lynchjustiz" verwendet haben, und ich werde mich dann dazu äußern. (Abg. Dr. Partik-Pablé: "Geifernde Lynchjustiz"! Frau Lapp, Sie glauben, Sie sind im Wiener Rathaus! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Freiheitlichen, ÖVP und SPÖ.)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Über dieses Gesetz ist heute schon sehr viel gesagt worden, und ich halte es da mit Farkas und Waldbrunn: "G’scheites und Blödes." (Der Redner weist bei diesen Worten zuerst auf die rechte und dann auf die linke Seite des Saales. – Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Rufe: Umgekehrt!)

Nichtsdestotrotz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dieses Gesetz ein sehr gescheites Gesetz, und das war auch der Grund dafür, warum im Ausschuss eigentlich gar keine große Aufgeregtheit geherrscht hat. Es hat nur zwei Punkte gegeben, über die man sich nicht einigen


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