Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 84

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sich durch unbedachte Äußerungen, durch unbedachte Maßnahmen, durch das Außer-Acht-Lassen vor allem der Einbindung des Sicherheitsrates ein Flächenbrand entwickeln kann.

Ich denke, die Österreicherinnen und Österreicher – so wie wir alle hier im Raum – machen sich Sorgen, haben Ängste in zweierlei Hinsicht, und beide sind berechtigt: die Angst vor dem Terrorismus, besonders vor dieser Art von menschenverachtendem Terrorismus einerseits und andererseits die Angst vor einem unkontrollierbaren Krieg, wenn sich die Spirale der Gewalt weiterdreht. – Beide Sorgen sind berechtigt!

Ich wiederhole jetzt nicht im Einzelnen, in welchen Punkten wir uns einig sind, aber ich darf – die Uhr scheint immer noch nicht zu funktionieren – auf die beiden Anträge zu sprechen kommen. Es gibt einen gemeinsamen Antrag von ÖVP, FPÖ und SPÖ und einen von den Grünen. Wir wollen das nicht überbewerten, wir wollen die Differenz aber auch nicht herunterspielen. Es gibt in diesen beiden Anträgen sehr, sehr viel Übereinstimmung, zum Teil wortgleiche Formulierungen. Das ist auch kein Wunder. Wenn man sich gegenseitig informiert und überlegt: Was würden wir anders formulieren?, dann erkennt man, sehr vieles ist gar nicht anders zu formulieren. (Abg. Dr. Khol: Ist der schon eingebracht?)

Herr Präsident! Unser Antrag ist sehr lang, ich möchte ihn daher nur skizzieren und bitte Sie, dass Sie anschließend diesen unseren Entschließungsantrag betreffend Solidarität gegen terroristische Akte im Plenum verteilen lassen. Der Form halber darf ich kurz skizzieren, worum es in diesem Antrag geht: um Solidarität gegenüber den Vereinigten Staaten – ich denke, zum Teil wortgleich mit Ihrem Antrag, Herr Khol –, um eine Verurteilung dieser barbarischen Gewaltakte und um Unterstützung des Sicherheitsrats-Beschlusses 1368.

Große Teile des Antrages befassen sich mit der Terrorismusbekämpfung auf den verschiedensten Gebieten: Terrorismusbekämpfung insbesondere im Bereich des Finanziellen, im Bereich der Geldwäsche, im Bereich der direkten Finanzierung des Terrorismus und der entsprechenden internationalen Abkommen; Terrorismusbekämpfung im Bereich der Justiz- und Innenminister – was teilweise ja schon in Gang gekommen ist – mit dem selbstverständlichen Zusatz, dass die Grund- und Freiheitsrechte, die wir über hundert Jahre mühsam erkämpft haben, dadurch nicht in Frage gestellt werden dürfen (Beifall bei den Grünen), bis hin zu anderen Punkten, beispielsweise der Installierung des Internationalen Strafgerichtshofes, was, glaube ich, identisch ist mit dem Antrag der anderen Parteien.

Jetzt werden sich die Zuschauer auf der Galerie und zu Hause vor dem Fernseher vielleicht fragen: Ja wenn das alles übereinstimmt, wieso gibt es dann nicht einen Vier-Parteien-Antrag? – Ich denke, der Knackpunkt sind zwei Sätze. In unserem Antrag steht im Zusammenhang mit den Sicherheitsrats-Resolutionen und den verschiedenen Erklärungen der Europäischen Union Folgendes – ich zitiere –:

"Die Beteiligung an Kriegsvorbereitungen und Kriegshandlungen widerspräche jedoch den Verfassungsbestimmungen über die österreichische Neutralität und wird vom österreichischen Nationalrat abgelehnt. Österreich wird jedoch selbstverständlich Ersuchen des UN-Sicherheitsrates zur Unterstützung von Maßnahmen gemäß Kapitel VII UN-Charta in geeigneter Weise nachkommen."

Ich denke, hier wird die Rechtslage definiert, und das ist für einen kleinen Staat wichtig. Große Staaten sind nie darauf angewiesen, dass Verfahrensvorschriften eingehalten werden, denn sie haben immer einen großen Spielraum. Aber Rechtslage – bei aller Sympathie, bei aller Wut, bei allem Zorn über die Anschläge in den Vereinigten Staaten – ist schlicht und ergreifend, dass die österreichische Neutralität einen Akt der Selbstbindung darstellt, der nicht nach Belieben hin- und hergeschoben werden und beliebig interpretiert werden kann.

Wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entsprechende spezifizierte Beschlüsse fasst, dann schaut die Sache anders aus. Vergleichen Sie nur, wenn Sie einmal die Zeit haben, die Beschlusslage jetzt, Stand heute, Mittwoch, den Soundsovielten, mit den Beschlüssen des Sicherheitsrates seinerzeit im Golfkrieg II, Irak/Kuwait beziehungsweise Irak/USA, dann werden


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite