Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 29

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Die Freiheitliche Partei hat nun ein Paket vorgelegt, ein Paket, das angeblich Sicherheit vor Terrorismus bringen soll. Der angesehene Verfassungsrechtler Mayer hat gestern in der "ZiB 3" dieses Paket bewertet, und ich zitiere seine Einschätzung. Er sagte, das Paket teile sich in drei Teile. Der erste Teil widerspreche der Genfer Flüchtlingskonvention und stehe den Menschenrechten entgegen. Der zweite Teil sei verfassungsrechtlich problematisch, und der dritte Teil betreffe geltendes Recht.

Ich sage Ihnen: Unsere Einschätzung ist außerdem, dass dieses Paket kein Stück mehr an Sicherheit bringen wird. Das Einzige, was es bringen wird, ist Verunsicherung. Und Sie wollen politisches Kleingeld daraus schlagen! Das ist Ihr wahres Ziel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Dass man Unsicherheit will, ist eigentlich eine kühne Behauptung, Frau Zentralsekretärin!)

Aber schauen wir uns zwei Details dieses so genannten Anti-Terrorpakets der Freiheitlichen Partei an! Zuerst das Asylrecht. Das Asylrecht ist Ihnen in den letzten Tagen ein besonderer Dorn im Auge gewesen. Wir mussten immer wieder beschämende Hasstiraden hören, vor allem vom Alt-Parteiobmann der Freiheitlichen Partei, von dem Asylanten in einem Atemzug mit Verbrechern und Terroristen genannt wurden, obwohl Sie von den Freiheitlichen sehr genau wissen, dass die Attentäter des 11. September nichts mit der Frage des Asylrechts zu tun haben.

Manchmal denke ich, Sie tun das vielleicht deshalb, weil es Ihr Vorstellungsvermögen übersteigt, was Flucht bedeutet, welche Lebenssituation Flucht bedeutet, in welcher verzweifelten Situation sich Menschen zu diesem Schritt entschließen müssen. Für so wenig Menschlichkeit, wie in Ihren Vorschlägen enthalten ist, fehlt uns das Vorstellungsvermögen, und daher lehnen wir sie ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie eigentlich, was Flucht bedeutet? – Wenn man Ihren Ausführungen so zuhört, dann glaubt man: Entweder es heißt Verbrechen, oder es bedeutet, jemand denkt sich an einem nicht so sonnigen Tag, mir gefällt es heute hier nicht mehr, ich hebe Geld vom Bankkonto ab, kaufe mir ein Flugticket und fliege woandershin.

Die Realität konnten Sie gestern in einem sehr eindrucksvollen Bericht in der ORF-Sendung "Thema" sehen. Da wurde ein Bericht über eine afghanische Flüchtlingsfamilie gezeigt, die sich mit ihren Kindern gemeinsam dazu entschlossen hat, ihre Heimat in sehr unsicheren Zeiten zu verlassen, wochenlang herumzuirren, ohne medizinische Versorgung, mit kranken Kindern, mit Kindern, die sich schon die Füße wund gelaufen haben, weil sie ohne Schuhe fliehen mussten. (Abg. Murauer: Um die geht es nicht! Es geht um die Kriminellen, um die Terroristen und nicht um arme Flüchtlinge!) Sie haben alles aufgegeben, mit ein paar Habseligkeiten irren sie wochenlang herum, ohne Ziel, ohne Sicherheit, den Gefahren ausgesetzt. Jeder, der Kinder hat, weiß, dass diese Eltern diese Situation für ihre Familie offensichtlich immer noch besser finden, als einfach zu Hause zu bleiben.

Und dann kommen Sie und sagen zum Beispiel: das Asylrecht verschärfen, die Verfahren beschleunigen. (Abg. Ing. Westenthaler: In ganz Europa!) Caritas-Präsident Küberl sagt dazu – und ich denke zu Recht –, das diene nur dazu, die Asylwerber möglichst schnell wieder loszuwerden. Und wenn ich mir Ihre Liste anschaue und unter dem Titel "Verschärfung des Asylrechts" "Beschleunigung der Verfahren" lese, dann ist sonnenklar, worum es geht. Natürlich wäre eine Beschleunigung jener Verfahren, die die Lebensumstände der Betroffenen verbessern, wünschenswert, aber das meinen Sie offensichtlich nicht.

Das Einzige, was Sie mit Ihrem Paket bewirken, ist nicht mehr Sicherheit, sondern mehr Verunsicherung, mehr Notsituationen und weitere Schritte in Richtung Überwachungsstaat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Redezeit: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.


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