Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 105

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Kollege Cap? Das ist Pulitzer-Preis-verdächtig, denn das war ein interessanter Brief. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Der Kanzler hat an jeden Pensionisten – wir haben uns gefragt, wo er die Adressen alle her hatte – einen Brief mit folgendem Wortlaut geschrieben:

Ich versichere bei meiner Kanzlerehre – es war nicht ganz so, aber so ähnlich –, dass keine Reduzierung der Pensionen stattfinden wird.

Und dann war die Wahl vorbei, und jeder hat weniger im Sackerl gehabt. (Abg. Gaugg: Jetzt wissen wir, wer Vranitzky das Ei gelegt hat!) Zur Rede gestellt, hat der Kanzler gesagt: Ich habe nicht versprochen, dass die Pensionen nicht stärker besteuert werden. Ihr habt nicht verloren, weil die Pensionen reduziert worden sind, sie sind eben stärker besteuert worden, und das habe ich nicht versprochen. Lest es genau nach! – Wenn ich gewusst hätte, dass Cap das so geschickt formuliert hat! Also alle Achtung in diesem Zusammenhang! (Abg. Ing. Westenthaler: Er hat Vranitzky das Ei gelegt!)

Wie hat Lenin so richtig gesagt? Das Sein bestimmt das Bewusstsein. – Ihr habt eine völlig andere Betrachtungsweise jetzt, da ihr euch in Opposition befindet – eine sehr ungewohnte Rolle für die früher sieggewohnte und machtbewusste Sozialdemokratische Partei –, als seinerzeit, als ihr in der Regierung wart. (Abg. Dr. Cap: Und ihr seid die Gleichen geblieben!)

Es ist aber auch der Antrag, den Kollegin Bures als seriös bezeichnet hat, alles andere als seriös. Es ist ein Dringlicher Antrag, aber dieser Dringliche Antrag gipfelt nicht etwa in einer konkreten Forderung, die da lautet: So und so viel Prozent sollen die Pensionisten draufkriegen, sondern man fordert darin einen anderen auf, zu arbeiten. Das heißt, der Antrag der Sozialdemokratischen Partei beinhaltet überhaupt nichts Materielles, er beinhaltet die Aufforderung an die Regierung, eine Regierungsvorlage einzubringen. Das ist schon merkwürdig. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist das Allerbeste!)

Der Dringliche Antrag sowie die Dringliche Anfrage sind Werkzeuge der Opposition im Parlament. Wenn aber die Opposition nicht die Kraft oder nicht den Mut aufbringt, in den Antrag das konkret hineinzuschreiben, was sie will, sondern die Regierung auffordert, etwas zu tun, was sie selber offenbar nicht einmal in den Mund nehmen möchte, dann ist das alles andere als seriös. Das ist zwar neu, aber schön ist es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Trattner: Das ist ein Armutszeugnis!)

Meine Damen und Herren! Es ist aber auch mehr als merkwürdig, wenn gerade jene Partei, die drei Jahrzehnte hindurch in Gestalt ihrer Finanzminister das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen hat, darüber jammert, dass – ihrer Behauptung nach – eine sehr wichtige Bevölkerungsgruppe bei der weiteren Entwicklung etwas zu kurz kommt, im konkreten Fall die Senioren bei der Pensionsanpassung. Das ist die Partei, die uns alle in die Lage versetzt hat, dass wir jetzt sparen müssen, wo es nur irgendwie geht, dass wir jetzt nicht so großzügig sein können, wie wir es gerne möchten, dass der Sozialminister nicht so großzügig sein kann, wie er es sicher – schon aus seiner politischen Position heraus – gerne wäre! Sie sind es, die es durch Ihre Finanzminister zu verantworten haben, dass wir so dastehen, wie wir jetzt dastehen, dass an allen Ecken und Enden gespart werden muss, dass wir nicht mehr großzügig sein können. Wo hat die übertriebene Großzügigkeit – das hier wäre gar keine übertriebene – hingeführt? – Zu einem Schuldenberg, der schlechthin unbewältigbar ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und wenn sich die neue Regierung, bestehend aus den Freiheitlichen und aus der Volkspartei, anschickt, diesen Schuldenberg abzubauen, rasch abzubauen – denn nur wer rasch handelt, der gewinnt im Wettlauf mit der Zeit –, dann kommen Sie und sagen: Da müsst ihr noch etwas zahlen, und dort sollt ihr noch etwas zahlen, und spart doch nicht so, und hört doch damit auf. – Das ist ein Bärendienst, den Sie der österreichischen Wirtschaft, mit der Wirtschaft allen Arbeitgebern, allen Arbeitnehmern und mit ihnen allen Pensionisten, der gesamten österreichischen Bevölkerung und der Republik Österreich erweisen.


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