Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 136

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präsidenten auf die Bundesminister beziehungsweise den Bundeskanzler übergehen lässt? Warum brauchen wir das?

Es muss also schon noch andere Gründe dafür geben, Gründe, die möglicherweise in der Rivalität zwischen Bundespräsident und Bundesregierung beziehungsweise Bundeskanzler zu suchen sind. Möglicherweise entwickelt sich daraus auch das Bedürfnis, dass, wenn ein "schwarzer" Minister ein Bundes-Ehrenzeichen verleiht, ein "blauer" Minister für seine Klientel dann auch noch ein Ehrenzeichen verleihen möchte. Ist es das? (Abg. Dr. Martin Graf: Der Landesverteidigungsminister macht das eh schon immer!)

Aber, meine Damen und Herren, gehen wir noch einmal zum Ehrenzeichen zurück. Warum braucht man eine neue Kategorie, die das Ehrenzeichen vom Orden doch deutlicher unterscheidet? Warum? – Herr Dr. Khol, das wäre das Interessante, das Sie uns beantworten sollten.

Ich frage das auch deshalb, weil wir Folgendes von der Ordensverleihung her wissen: In erster Linie – darauf wurde schon hingewiesen – erhalten Politiker Orden, und in dieser Funktion könnte es auch der Fall sein, dass es Politiker sind, die solche Ehrenzeichen erhalten, wenn diese etwa zufällig auch Präsidenten von freiwilligen Interessenorganisationen sind. – Das wird aber wohl nicht der Grund für dieses Bundes-Ehrenzeichengesetz sein.

In zweiter Linie sind – neben Politikern – besonders Männer "anfällig" für Orden. Und da frage ich mich schon, ob Sie durch diesen Schritt zur Belohnung von Leistungen, von zivilgesellschaftlichen Leistungen tatsächlich das, was im Bereich der Zivilgesellschaft nicht in erster Linie von den Männern, sondern von den Frauen geleistet wird, entsprechend würdigen und berücksichtigen. Herr Dr. Khol! Die Frauen sind nicht die Chefs der Feuerwehr. Die Frauen sind nicht die Chefs eines freiwilligen Rettungsdienstes, aber die Frauen erbringen in der Summe wesentlich mehr an nachbarschaftlichen Leistungen, an stillen Leistungen, die durch das, was Sie hier mit gesamtstaatlichen Leistungen erfasst wissen wollen, mit Sicherheit nicht abgedeckt sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wäre schön gewesen, wenn wir das – und das ist nicht nur das Muttersein, Herr Kollege Khol –, was Frauenarbeit im zivilgesellschaftlichen Bereich heißt und bedeutet, in einer anderen und in einer seriösen Debatte gewürdigt hätten.

Aber das werden Sie mit dem Bundes-Ehrenzeichen nicht lösen können. Ich glaube auch nicht, dass die Zukunft des Bundes-Ehrenzeichens darin liegt, dass es allen 4 Millionen österreichischen Frauen, die einen bedeutenden Beitrag für Angelegenheiten leisten, die von gesamtstaatlicher Bedeutung sind, verliehen wird. Ich glaube nicht, dass Sie eine Initiative in diese Richtung setzen wollten. Es geht wohl eher um die Feuerwehrpräsidenten und ganz simpel um den Bundeskanzler, um den Bundesminister oder die Bundesminister, die in Zukunft zusätzlich zu diesen 350 Orden auch noch ein Bundes-Ehrenzeichen verleihen können sollen, ohne dabei durch den Umweg über den Bundespräsidenten gestört zu werden.

Herr Dr. Khol! Das kann auch nicht die Zukunft Ihrer Bürgergesellschaft sein, oder meinen Sie wirklich, dass das alles ist, was wir an Leistungen in diesem Bereich anerkennen müssen, was Sie durch die Verleihung eines Ehrenzeichens abseits des Ordens – der noch immer in der Hierarchie ganz oben steht, unabhängig von der Hierarchie bei den Orden selbst – an diese Personen anerkennen wollen?! – Das möchte ich Ihnen zu bedenken geben, dass da ganz schön viel Augenauswischerei dabei ist, die den Realitäten nicht gerecht wird.

Ich möchte aber noch einen Punkt erwähnen. Es ist nicht nur beim Bundes-Ehrenzeichengesetz, sondern auch beim Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst geändert wird, eine Novellierung enthalten, die uns wichtig ist.

Bei dieser geht es darum, dass ein derartiges Ehrenzeichen oder ein Orden wie die beiden erwähnten auch aberkannt werden sollen, wenn die Voraussetzungen dafür fehlen. Man braucht sich nur die leidvolle Geschichte um Dr. Gross, die ausführlich erwähnt worden ist, anzusehen.


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