Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 157

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Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als erste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.35

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist jetzt über vier Jahre her, dass das Frauen-Volksbegehren stattgefunden hat. Es war ein sehr erfolgreiches Volksbegehren. Sie erinnern sich: fast 650 000 Unterschriften – das ist eine Menge! Sie erinnern sich wahrscheinlich auch noch daran, dass es im Anschluss daran heiße Diskussionen darüber gegeben hat, wie wir dieses Frauen-Volksbegehren umzusetzen haben.

Nach über vier Jahren ist es nun wieder einmal an der Zeit, nachzusehen, wie viel mittlerweile umgesetzt worden ist, was noch offen ist und welche Schritte geplant sind, um dieser Umsetzung wieder ein Stück näher zu kommen. Aber die Zeiten, in denen wir darüber diskutiert haben, wie wir die einzelnen Forderungen des Frauen-Volksbegehrens umsetzen, die Zeiten, in denen wir darüber diskutiert haben, was die beste Lösung für die jeweilige Forderung wäre, sind vorbei. Heute verzeichnen wir einen völligen Stillstand in der Frauenpolitik. Die Frauenpolitik ist de facto abgeschafft.

Im Klartext: Die Frauenpolitik wurde eigentlich durch Männerpolitik ersetzt. Genannt wird das "Geschlechterpolitik", gemeint ist Männerpolitik. (Abg. Haigermoser: Warum reden Sie da Probleme herbei, die es gar nicht gibt? Haben Sie ein Problem?)

Es gibt einen sehr interessanten Bericht zum Stand der Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens, den Sie, Herr Bundesminister, dieses Jahr in der Konferenz der Landesfrauenreferentinnen zur Verteilung gebracht haben. Das ist ein sehr aufschlussreicher Bericht, in dem Sie Punkt für Punkt die Forderungen und Intentionen darstellen.

Ganz besonders spannend – aus meiner Perspektive und natürlich auch für die heutige Diskussion – ist der jeweilige Punkt "Umsetzung". Ich habe mir das sehr genau angeschaut. Es geht aus Ihren eigenen Unterlagen sehr klar hervor, dass mit 1999 die Umsetzung eigentlich abgebrochen ist; ich will nicht sagen, vollendet.

Es sind seinerzeit einige wichtige Schritte gesetzt worden, aber es war uns immer klar, dass wir weitermachen wollen. Aber sogar laut Ihrer eigenen Unterlage enden die Umsetzungsschritte mit dem Jahr 1999, obwohl viele der Punkte des Frauen-Volksbegehrens – eigentlich alle Punkte des Frauen-Volksbegehrens – nach wie vor eine hohe Aktualität haben.

Immerhin nehmen Sie ja doch hie und da Stellung zur Frauenpolitik. Abgesehen von der Qualität der Aussagen, allein von der Quantität her sind wir nicht sehr verwöhnt mit Stellungnahmen Ihrerseits zur Frauenpolitik. Aber Sie haben neulich ein sehr aufschlussreiches Interview gegenüber einer Frauenzeitschrift gegeben, in dem Sie als Frauenminister zum Beispiel zum Thema Kindergarten Stellung nehmen. Es ist natürlich interessant, in welcher Form. Sie erklären in diesem Interview:

Nein, denn so manche jugendliche Oma ist besser geeignet als eine qualifizierte Kindergärtnerin, die um Punkt fünf Uhr den Schreibtisch verlässt, ohne sich darum zu kümmern, ob Kinder wegen eines Verkehrsstaus vielleicht zehn Minuten später abgeholt werden. Ich frage mich bei der Diskussion über die Qualität der Kindererziehung, wie wir über all die Jahrtausende überlebt haben, als es das Kindergartenwesen noch nicht gab. – Zitatende.

Herr Minister! Es ist Ihnen vielleicht entgangen, dass es in vielen gesellschaftlichen Bereichen in den letzten Jahrtausenden wesentliche Fortschritte gegeben hat. Jedenfalls ist offensichtlich an Ihnen vorbeigegangen, welche Aussagen frau sich von Ihnen als Frauenminister eigentlich erwarten könnte. (Beifall bei der SPÖ.)


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