Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 73

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. Sie erhält das Wort.

12.55

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Schätzungen zufolge werden 2 Millionen junge Mädchen jährlich Opfer der Beschneidung oder, richtiger gesagt, der genitalen Verstümmelung. 135 Millionen Frauen, vor allem in Afrika, Teilen Asiens und auch des Mittleren Ostens, haben dieses Schicksal erlitten (Abg. Huber: Auch in Österreich!) und leiden ihr ganzes Leben unter dieser Verstümmelung. Die Gründe für die Beschneidung von Frauen sind vielfältig, aber sie werden nach wie vor mit Tradition oder auch Religion begründet. Es wird enormer Druck auf diese Mädchen und Frauen ausgeübt.

Diese frauenverachtende Praxis wird leider bereits seit Jahrtausenden betrieben, aber eben auch in unserem Jahrtausend, obwohl man heute weiß, wie schlimm sich diese Verstümmelung auf die Gesundheit auswirkt, dass die Frauen dadurch große Probleme haben, wie hoch das Risiko ist, bei der Beschneidung selbst zu verbluten oder eine Blutvergiftung zu bekommen. Laut einer Dunkelziffer sterben 30 Prozent der Mädchen bereits bei der Beschneidung. Und natürlich ist auch das Risiko bei einer späteren Geburt für Mutter und Kind hoch, es gibt lebenslange gesundheitliche Schäden. Und ich bin zudem überzeugt davon, dass es nicht nur Schnitte am Körper sind, sondern dass es im Grunde genommen auch Schnitte in die Seelen der Frauen sind.

Die weibliche Beschneidung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung! Man muss das endlich einmal klar aussprechen, es ist viel zu lange ein Tabubereich gewesen, der nicht angesprochen wurde. Es ist ein ganz grober Akt der Gewalt gegen Frauen.

Durch die Globalisierung und die Wanderungsbewegungen ist die Beschneidung, die es ursprünglich in den westlichen Ländern nicht gegeben hat, zu uns gekommen. Im Grunde ist dieses Problem also importiert worden. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns im Strafrecht damit auseinander setzen.

Es hat einige Anträge zu diesem Thema gegeben. Im Jahre 1999 zum Beispiel hat Kollege Amon im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit einen diesbezüglichen Antrag gestellt. Im Jahre 2000 hat es dann einen Vier-Parteien-Antrag dazu gegeben.

Ich möchte als Vorsitzende der Parlamentariergruppe für reproduktive Gesundheit, die gemeinsam mit den Kollegen Hlavac, Hartinger und Öllinger vor kurzem in diesem Haus eine große Veranstaltung zu diesem Thema durchgeführt hat, darauf hinweisen, wie das Problem in Österreich gelagert ist. Bei dieser Veranstaltung waren viele NGOs, Politikerinnen und auch Vertreterinnen jener afrikanischen Frauenorganisation anwesend, die sich in Österreich zusammengefunden und eine Studie darüber durchgeführt hat, wie die Situation in Österreich ist.

Laut dieser Studie ist ein Drittel der in Österreich geborenen Mädchen – zugegebenermaßen, es kann also sein, dass diese Zahl noch höher ist! – beschnitten! Die Mädchen werden zwischen dem 6. und dem 13. Lebensjahr beschnitten. Das findet Gott sei Dank nur in sehr wenigen Institutionen und bei wenigen Ärzten in Österreich statt, man kann den Eingriff aber auch in Deutschland oder in den Niederlanden durchführen lassen, es gibt also sozusagen einen Beschneidungstourismus. Die meisten Mädchen werden im Alter zwischen 6 und 13 Jahren zu einem so genannten Heimaturlaub nach Afrika gebracht, wo es dann passiert. Ich bin daher sehr froh darüber, dass dieses schlimme Verbrechen jetzt auch in unserem Strafgesetzbuch beim Namen genannt wird. Dies fördert zudem das Bewusstsein dafür, dass wir diese Mädchen schützen müssen.

Österreich steht diesbezüglich auch im Einklang mit anderen internationalen Initiativen, zum Beispiel mit einem Bericht des Europarates zu diesem Thema. Wir müssen uns aktiv dem Kampf gegen die weibliche Verstümmelung stellen! Wir müssen alles daransetzen, diesen Frauen zu helfen! Wir müssen viele Initiativen gemeinsam mit der EU im Bereich der Entwick


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