Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 31

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: War das erfolgreich oder erfolglos? – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Wann wart ihr schon jemals erfolgreich? – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Jarolim und Mag. Schweitzer.  – Ein Klubmitarbeiter der Grünen stellt einen gelben Karton mit der schwarzen Aufschrift "Kein österreichischer Steuerschilling für EU-Atomindustrie" und einem schwarzen Zeichen "Gefahr durch Radioaktivität" auf das Rednerpult.)

9.41

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Gäste aus Rumänien – sie sind leider schon weg, glaube ich (Heiterkeit), aber trotzdem meine Begrüßung von dieser Stelle. Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist hier und heute ganz zentral, und das dürfen wir nicht verspielen, nämlich die Glaubwürdigkeit der österreichischen Anti-Atompolitik! (Beifall bei den Grünen.) Und darum haben wir auch die heutige Aktuelle Stunde diesem Thema gewidmet.

Jenseits all dieses parteipolitischen Hickhacks – auf das ich nicht einsteigen will, denn die Anti-Atompolitik Österreichs ist mir viel zu wichtig dafür – gilt es, Daten und Fakten aufzuzeigen und die Glaubwürdigkeit der Atompolitik durch die österreichischen Vertreter – sei es in Brüssel, sei es hier – auf die Waagschale zu legen und zu forcieren. Das ist für mich ganz, ganz wesentlich! Diese Glaubwürdigkeit, Herr Bundeskanzler Schüssel, Frau Ministerin Forstinger, diese Glaubwürdigkeit ist aber durch Ihre Vorgangsweise in Sachen EURATOM nicht gegeben!

In diese Kassa (die Rednerin weist auf den auf dem Rednerpult stehenden gelben Karton), in diesen EURATOM-Topf, wollen Sie eine weitere halbe Milliarde an österreichischem Steuergeld hineinbuttern. Herr Bundeskanzler, das ist Geld, das nicht in erster Linie in den Strahlenschutz geht. (Abg. Großruck: Haben Sie nicht aufgepasst?) Schauen Sie sich die Fakten an, Herr Bundeskanzler! Ich habe mir das Rahmenprogramm extra ausgedruckt, darin ist genau aufgelistet: Für Strahlenschutz und Reaktoren neuer Generation sind 330 Millionen € vorgesehen, für Kernfusion hingegen das Doppelte, nämlich 700 Millionen €!

In diese Kernfusion, in diese riskante Atomtechnologie stecken Sie eine weitere halbe Milliarde an österreichischem Steuergeld. Das ist falsch, das untergräbt die Glaubwürdigkeit unseres Engagements gegen Temelín! Und deswegen prangern wir das an! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ihre Darstellung der österreichischen Position hinsichtlich EURATOM – das Wort "Position" sei dabei unterstrichen! – hat durchaus Wahres an sich. Nur, das Problem ist, dass Sie von dieser Position abweichen, dass Sie diese Position in der Realität nicht einhalten, sondern zustimmen. Sie haben doch bitte selber gesagt: Ziel von EURATOM ist weiterhin, die Kernenergie voranzutreiben. Das sagten Sie ja selber, im Vertrag steht es drinnen. Das hat Österreich noch nicht geändert, Österreich hat sein Veto in diese Richtung noch nicht aktiviert. Am 10. Dezember wird Frau Ministerin Forstinger nach Brüssel fahren und in diese Kassa wieder österreichisches Geld hineinlegen, ohne dass das Ziel geändert worden ist, ohne dass sich die österreichische Position durchgesetzt hat.

Auch die Forschung zugunsten weiterer Reaktoren, innovativer Systeme – wie es in diesen EURATOM-Verträgen heißt – oder neuer Reaktortypen oder zusätzlicher Konzepte und so weiter lehnen wir ab, da sie jedenfalls in Richtung Atomreaktoren gehen. Bitte, dieses Ziel ist nach wie vor nicht nur aufrecht, sondern wird auch finanziert und umgesetzt, und zwar auch mit unseren Steuermitteln! Und dagegen wenden wir uns, dagegen protestieren wir ganz, ganz deutlich! (Beifall bei den Grünen.)

Eine meiner Vorrednerinnen hat bereits das Ersatzkraftwerk beziehungsweise die beiden Ersatzkraftwerke von Tschernobyl angeführt: Es wird also nicht die Lehre aus Tschernobyl gezogen, kein AKW als Ersatz, sondern Gas- und Dampfkraftwerke zu bauen, nein, die EU unterstützt vielmehr willentlich wieder das Nachrüsten und die Fertigstellung von zwei Kern kraftwerken mit über 662 Millionen €, und darunter sind auch österreichische Steuergelder. Das ist ein Irrweg!


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