Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 115

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handlungen über das Energiekapitel rasch abzuschließen, um den Erweiterungsfahrplan nicht zu verzögern ("Die Presse", 6.11.2001). Außenministerin Ferrero-Waldner betonte in einer Pressekonferenz mit dem Tschechischen Außenminister Kavan, dass das Ergebnis des Melker Prozesses, der ja noch im vollem Gang sei, abzuwarten wäre (OTS0179, 8. November 2001). Inhalt und Resultat der Verhandlungen über Temelin hätten Vorrang vor einem Zeitplan. Ihre Schlussfolgerung in der Pressekonferenz: "Wir sind noch nicht so weit" (ZIB 2, 8. November 2001).

Die FPÖ bekräftigte angesichts des Vorstoßes von Umweltminister Molterer ihre Vetodrohungen gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union. Auch Generalsekretär Schweitzer, der im Oktober noch erklärt hatte, die Parteilinie der FPÖ sei, dass es keine Vetodrohung gegen einen EU-Beitritt Tschechiens gebe (TT, 29. Oktober 2001), bezeichnet neuerdings das Veto Österreichs in Sachen Temelin wieder als legitimes Mittel. Eine andere Position vertrat zuletzt der Zweite Nationalratspräsident Prinzhorn. In einem Gespräch mit der Zeitung "Die Presse" lehnte er ein "bedingungsloses Veto" ab und mahnte seine Partei zu einer besonnenen Haltung ("Die Presse", 19. November 2001).

Während Teile der ÖVP, darunter auch Bundeskanzler Schüssel, das von der FPÖ geforderte Veto gegen einen EU-Beitritt der Tschechischen Republik offiziell ablehnen – gegenüber der Zeitschrift "Format" versicherte der Bundeskanzler zuletzt "es gebe keine Vetokeule" ("Format", 19. November 2001) – sind maßgebliche Vertreter der ÖVP offenbar anderer Meinung. Landeshauptmann Pröll beispielsweise betonte in der "Pressestunde" am 18. November, die Vetokarte sei bei ihm im Ärmel.

Durch ein Veto gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union bzw. durch die permanente Drohung damit kann weder die Inbetriebnahme Temelins verhindert noch ein Mehr an Sicherheit für die österreichische Bevölkerung erreicht werden. Die Verhandlungen mit der Tschechischen Republik werden enorm belastet, zudem kommt die Vetodrohung einem Misstrauen gegenüber den verhandelnden VP-Regierungsmitgliedern gleich. Die Vetodrohung hindert die Bundesregierung offenbar auch daran, in der Europäischen Union Verbündete hinsichtlich der Sicherheitsbedenken gegen Temelin zu finden und einen europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie zu forcieren. Das wird durch die Äußerungen von Umweltminister Molterer im "Report" vom 13. November bestätigt, der vor den negativen Folgen eines Vetos gegen den EU-Beitritt Tschechiens warnte und meinte, es könnte Österreich schaden, in internationale Isolation zu kommen. Man müsse "vermeiden, dass Österreich allein ist".

Die Diskussionen um das Veto innerhalb der österreichischen Bundesregierung zeigen, dass die Bundesregierung in der Frage der Sicherheit des Atomkraftwerks Temelin bisher keine Verhandlungserfolge aufzuweisen hat. Es ist der Bundesregierung nicht gelungen, den berechtigten Sicherheitsinteressen Österreichs Gehör zu verschaffen und die Unterstützung anderer Mitgliedstaaten in der Europäischen Union zu gewinnen. Die Bundesregierung hat es ferner verabsäumt, in Folge des 11. September in der Europäischen Union eine Initiative für einen europaweiten Atomausstieg und für einheitliche hohe Sicherheitsstandards für die Restlaufzeit der Atomkraftwerke in Europa zu setzen.

Aus dem von Umweltminister Molterer im November d.J. vorgelegten Bericht zum Melker Prozess und aus den vielen unterschiedlichen Aussagen von Vertretern der Regierungsparteien sind eine schlüssige Position der Regierung und die von ihr geplante weitere Vorgangsweise nicht ersichtlich. Aus Sorge, dass die berechtigten Sicherheitsinteressen der österreichischen Bevölkerung hinsichtlich Temelin nicht gewahrt werden, aber auch aus Sorge um das Zustandekommen der Erweiterung der EU und die Position Österreichs in der Europäischen Union stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher an den Bundeskanzler nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie derzeit den Verhandlungsstand im Rahmen des "Melker" Prozesses, und wie wollen Sie erreichen, dass die Ergebnisse des bilateralen Verhandlungsprozesses völkerrechtlich verbindlich und für Österreich einklagbar werden?


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