Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 126

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be, gute Nerven gehören auch in der Europäischen Union und nicht nur in der österreichischen Innenpolitik zum Tagesgeschäft dazu.

Zur Frage 4:

"Was sind Ihre Mindesterfordernisse an die Tschechische Republik, um den Melker Prozess beenden zu können und damit das Energiekapitel vorläufig abschließen zu können?"

Ich glaube, die Antwort liegt in dem gemeinsamen Entschließungsantrag, der Ihnen vorliegt und der auch gemeinsam erarbeitet worden ist. Dabei füge ich hinzu – und das ist auch sehr wichtig –, dass man diese Dinge endlich einmal so erklärt, dass es auch Menschen verstehen, die nicht unbedingt etwas mit dem Verhandlungsprozess zu tun haben.

Zum Beispiel sind ja in diesen sieben zentralen Punkten weitere Studien angeführt. Das sind keine Dinge, die auf Knopfdruck fertig sind. Hier wollen wir, dass ein Prozess eröffnet wird, dass also nicht etwas geschlossen wird, sondern etwas eröffnet wird, was wesentliche österreichische Anliegen betrifft, was uns natürlich für die gesamte Dauer des Verhandlungsprozesses und wahrscheinlich sogar darüber hinausgehend begleiten wird.

Was jetzt vorliegt, ist ein Verhandlungszeitplan; das Energiekapitel ist von der Kommission noch nicht einmal als Vorschlag auf den Tisch gelegt worden. Dann wird man den "Melker Prozess" hoffentlich erfolgreich weiterführen und beenden können. Wenn das der Fall ist, dann hätten wir die Möglichkeit, in die weitere Aufarbeitung einzusteigen. Wir behalten uns vor – ich sage das hier ganz offen –, bis zum Ende der Verhandlungen immer wieder auf Fragen zurückzukommen, die uns wichtig sind – so versteht das übrigens auch jeder Verhandlungspartner in der Europäischen Union –, dann wird die Schlussverhandlungsrunde gemacht, und danach ist bei der Ratifizierung des Beitrittsprozesses schließlich der Nationalrat am Zug.

Zur Frage 5:

Darin geht es um die seriöse Durchrechnung der Nulloption, also der Nichtinbetriebnahme:

Ich möchte hier, zum Unterschied von Ihrem Informationsstand, auf Folgendes hinweisen: Wir haben das immer eingebracht, das war im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem "Melker Protokoll" ein wesentliches Anliegen für uns. Wir haben ein eigenes Gutachten der Energieverwertungsagentur ausarbeiten lassen und es der tschechischen Seite übergeben. Dieses Gutachten kommt zu dem Schluss: Aus österreichischer Sicht bringt Temelín weder ökonomische noch ökologische Vorteile. Wir haben auch immer wieder damit argumentiert.

Die tschechische Seite hat daraufhin Gegenäußerungen vorgelegt. Sie kommt vor allem in der unterschiedlichen Bewertung der tschechischen Wirtschaft und damit auch des Strombedarfs zu ganz anderen Prognosen. Sie vertritt auf Grund ihrer wirtschaftlichen Erwartungen die These, dass das Projekt Temelín ökonomisch positiv zu bewerten ist.

Meine Damen und Herren! Wir teilen diese Ansicht nicht. Aber es ist andererseits auch nicht zu erwarten, dass Tschechien jetzt immer wieder die Dinge neu durchrechnen wird, bis es zu einem Ergebnis kommt, das sich eins zu eins mit unseren Wünschen und unseren Erwartungen deckt. Ich gebe hier jedoch die Hoffnung nicht auf. Ich glaube, dass vor allem innerhalb der tschechischen Regierung, innerhalb der tschechischen Bevölkerung der Widerstand gegen Atomkraftwerke und der positive Wille zu Alternativen immer gegeben ist. Wir werden daher auf diesem Weg, europäisches Bewusstsein zu schärfen, weitergehen.

Ich sage hier auch Folgendes ganz deutlich: Sollte es irgendeine Chance geben, ein solches Ausstiegsszenario durch eine EU- oder österreichische Hilfe nachhaltig zu unterstützen, so stehe ich zu dem, was ich immer wieder gesagt habe: Österreich wird sich dann nicht verweigern, sondern wir werden mithelfen. Aber da muss zuerst natürlich auch Tschechien sagen: Wir tun mit. Weder Frankreich noch Großbritannien, noch Finnland und auch nicht Tschechien haben bis zur Stunde gesagt, dass sie aussteigen wollen. Wir stehen bereit – wann immer sie


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