Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 175

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individuelle Recht der EU-Bürger auf Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt, sondern ist ein Recht der Unternehmer auf dem freien Binnenmarkt. Österreich und Deutschland haben wegen des engen Konnexes zum Arbeitsmarkt und der besonderen Betroffenheit durch die Grenznähe auch für die Dienstleistungsfreiheit – allerdings beschränkt auf bestimmte sensible Sektoren wie Bau und Baunebengewerbe, Reinigung, soziale Dienste und Bewachungsdienste – die gleiche Übergangsfrist ausbedungen wie für die individuelle Freizügigkeit. Zur bilateralen Regelung vor dem Beitritt und während der Übergangsfrist sollten daher "Werkvertragsabkommen" (unter Berücksichtigung der deutschen Erfahrungen) abgeschlossen werden.

In diesem Rahmen sollten alle notwendigen Regelungen für Grenzgänger, Praktikanten, "normal" Beschäftigte und "Werkvertragsarbeitnehmer" integriert werden.

Während der Rahmen einer siebenjährigen allgemeinen Übergangsfrist für alle mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten festgelegt werden soll, wären die bilateralen Vereinbarungen zur schrittweisen Öffnung des Arbeitsmarktes mit jedem Nachbarstaat individuell zu gestalten.

Während in der Übergangsperiode laufend zu prüfen sein wird, ob und in welcher Region bzw. für welchen Sektor eine vollständige Öffnung des Arbeits- bzw. Dienstleitungsmarktes vor Ablauf der siebenjährigen Frist erfolgen kann, ist gleichzeitig sicherzustellen, dass die jeweils geltenden rechtlichen Bestimmungen am Arbeits- und Dienstleistungsmarkt auch tatsächlich eingehalten bzw. durchgesetzt werden, um einem möglichen Dumping im Bereich der Entlohnung und der sozialen Sicherheit vorzubeugen. Die Einhaltung der jeweiligen rechtlichen Bestimmungen ist von den zuständigen Behörden gerade während der Übergangsperiode besonders zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang sollten auch grenzüberschreitende Kooperationen zur wirksamen Bekämpfung der systematischen illegalen Beschäftigung geprüft werden.

Bis zur vollständigen Liberalisierung des Arbeitsmarktes soll ein zielgerichtete Qualifikationsoffensive gestartet werden, um insbesondere jene Arbeitnehmer zu fördern, die durch die vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes unter Druck kommen könnten. In Zusammenarbeit mit den AMS-Geschäftsstellen und den Bundesländern sollen einerseits die Qualifikationspotentiale vor dem Hintergrund von regionalen Standortentwicklungsprogrammen und Bedarfserhebungen in den Betrieben ermittelt, andererseits sollten von den Unternehmen und den entsprechenden öffentlichen Stellen gemeinsam Fortbildungsmaßnahmen entwickelt und berufsbegleitend realisiert werden. Hier kommt einem praxisorientierten Erfahrungs- und Informationsaustausch zu arbeitsmarktpolitischen Programmen, Instrumenten und zur Organisation des Arbeitsmarktservices besondere Bedeutung zu (Expertenaustausch, Einführung und Bekanntmachung von best practice Modellen).

Qualifizierungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice sollten insgesamt von der Gestaltung der Instrumente her flexibel für alle Anforderungen eingesetzt werden. Betriebliche Umstrukturierungen im Zuge des Beitritts sollen etwa durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte unterstützt werden. Arbeitsmarktpolitische Förderungen sollen dadurch wirtschafts- und strukturpolitische Maßnahmen gezielt unterstützen. Besonderer Bedeutung kommt auch der innerbetrieblichen bzw. von den Betrieben selbst organisierten Aus- und Weiterbildung zu. Auch hier soll geprüft werden, wie die daraus resultierenden besonderen und in unmittelbar mit der EU-Erweiterung in Zusammenhang stehenden finanziellen Belastungen einzelner Betriebe abgefedert werden können.

Im Rahmen des Ziel-1-Programmes Burgenland sowie der Ziel-2-Programme Kärnten, Steiermark und Wien sollen einerseits durch auf die EFRE-Förderungen abgestimmte ESF-Maßnahmen die Betriebe – insbesondere die KMU – bei der Bewältigung des Strukturwandels unterstützt und die Wettbewerbsfähigkeit der Region erhöht werden, andererseits müssen ESF-Maßnahmen vermehrt darauf abzielen, von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen die Re-Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Der ESF soll u. a. über die Steigerung des Angebotes an hochqualifizierten Arbeitskräften zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen beitragen. Über die Beratung, Weiterbildung


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