Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 195

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Es stellt sich damit die Frage: Spielen Kulturgüter in Kriegen oder in ethnisch-religiösen Konflikten auch eine besondere Rolle? – Ja! Dieses Phänomen, meine Damen und Herren, ist so alt wie die Kultur selbst. Man will den Gegner angreifen. Man will ihn dort angreifen, wo er am verwundbarsten ist – in seiner kulturellen Identität.

Am 17. Mai 1999 unterzeichnete Österreich in Den Haag anlässlich der 100-Jahr-Feier der Haager Friedenskonferenz das Zweite Protokoll. Dieses etabliert nun Folgendes: einen verstärkten Schutz für besonders schützenswertes Kulturgut – Voraussetzung ist die Erstellung einer Liste –, eine Präzision der äußerst vage gehaltenen Ausnahmeklausel einer zwingenden militärischen Notwendigkeit und schließlich eine einmalige Änderung, denn schwere Verletzungen der Konvention wie Angriff, Zerstörung, aber auch Aneignung, Diebstahl, Plünderung, Veruntreuung oder böswillige Beschädigung besonders schützenswerten Kulturgutes können nun individuell strafrechtlich verfolgt werden. Die Vertragsparteien verpflichten sich in Anlehnung an den Verbrechenskatalog des Status des Internationalen Strafgerichtshofes, gewisse Delikte strafrechtlich zu ahnden oder die Täter auszuliefern. Bisher haben 30 Staaten unterschrieben.

Meine Damen und Herren! Kulturpolitik ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit. Nur mit Hilfe von Verbündeten wird es uns möglich sein, den Kampf der Kulturen zu vermeiden und einen Dialog der Kulturen zu führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

19.42

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Die Kulturgüter eines Landes sind die sichtbaren Zeichen der Geschichte eines Landes und auch der Kultur und – das wurde schon gesagt – ein Erbe der Menschen, die in diesem Lande wohnen, auch wenn diese verschiedenen Kulturen angehören, aber große Kulturgüter sind immer Erbe für die gesamte Menschheit. Kulturgüter, die die Kultur eines Landes ausmachen, machen ein Land einfach unverwechselbar, sie sind Symbole eines Landes.

Ich möchte, da es, glaube ich, noch 70 Redner gibt und wir einstimmig diesem Protokoll zustimmen werden, nicht mehr alle Punkte wiederholen, die in diesem Zweiten Protokoll enthalten sind, und ich möchte auch nicht darauf eingehen, wie schmerzhaft es ist – wir alle haben die Bilder vom 11. September im Bewusstsein –, wenn man ein Symbol eines Landes trifft. Damit trifft man ins Herz jedes Bewohners, damit trifft man im Grunde der ganzen Bevölkerung ins Herz. Deswegen sind natürlich bei kriegerischen Auseinandersetzungen und, wie wir gesehen haben, auch bei terroristischen Auseinandersetzungen und Angriffen immer wieder die Kulturgüter im Blickpunkt. Sie sind Angriffsziele, weil deren Zerstörung die Identität des Volkes ganz stark in Frage stellt und weil es natürlich demoralisiert, wenn so etwas geschieht.

Wir Österreicher, insbesondere die Älteren unter uns, wissen noch, dass die Bombenangriffe, durch die der Stephansdom, die Oper, das Burgtheater und auch das Parlament – um nur einige zu nennen – zerstört wurden, im Grunde ganz schlimm waren, mindestens so schlimm wie all die anderen Angriffe, weil sie eben an unserer Kultur und an unserer Identität gerüttelt haben.

Daher ist dieses Zweite Protokoll des Haager Abkommens so wichtig. Es ist eine wichtige Fortsetzung und enthält wesentliche Verbesserungen. Ich möchte nur noch den einen Punkt unterstreichen, in welchem es darum geht, dass das Abkommen jetzt schon Bestimmungen enthält, wonach die Vertragsstaaten sich bemühen, die Würdigung und die Achtung von Kulturgütern auch zu Friedenszeiten durch Erziehung und Information zu stärken.

Die anderen Punkte dieses Protokolls wurden alle ausgeführt. Ich will dazu nur noch sagen: Ich bin sehr froh, Frau Ministerin, dass Sie dieses Protokoll diesem Hohen Haus vorgelegt haben. Wir wissen, mit einem Protokoll allein wird es nicht getan sein, aber wir alle sind verpflichtet und bemüht, das Erbe der Menschheit im Kriegsfall zu erhalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.45


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