Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 194

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nur auf der Selbstverpflichtung der Staaten basiert, die diesen Abkommen beitreten. Es gibt da zum Beispiel die Haager Konvention, aber es gibt auch die UNESCO-Konvention von 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt.

Wie Sie wissen, ist es auch möglich geworden, dass die 1 500 Jahre alten buddhistischen Statuen im Bamian-Tal zerstört wurden und die Völkergemeinschaft dieser Wahnsinnstat tatenlos zuschauen musste. Auch die UNESCO, die sich der Bewahrung der Kulturgüter annimmt, war machtlos.

Was die UNESCO allerdings tut, ist, Erfahrung, Wissen und ihr moralisches Gewicht ins Spiel zu bringen. Sie kann die Staaten zur Zusammenarbeit bewegen, auch im Rahmen von solchen internationalen Konventionen. Die unterzeichnenden Staaten können dann auch mit der Unterstützung und der Expertise der UNESCO rechnen, zum Beispiel bei der Sicherung ihrer eigenen Kulturgüter oder auch mit Hilfe im organisatorischen Bereich.

Wie schwierig die Situation auf diesem Gebiet ist, zeigt die so genannte "Rote Liste" des Weltkulturerbes, die das zwischenstaatliche Sekretariat der UNESCO für besonders gefährdete Kulturstätten jährlich präsentiert. Mit der Eintragung in diese "Rote Liste" will die UNESCO die Aufmerksamkeit der politisch Verantwortlichen und das öffentliche Interesse wecken, also Bewusstseinsarbeit leisten.

Meine Damen und Herren! Kulturpolitik ist eine globale Aufgabe. In der Kultur steckt eine Menge Potential zur Bewältigung von Krisensituationen. Nicht umsonst haben die Vereinten Nationen das Jahr 2001 zum Jahr des Dialoges zwischen den Kulturen ausgerufen. Eine entscheidende Voraussetzung für die Verhinderung von Konflikten sind ein tiefes innerkulturelles Verständnis und die Achtung fremder Kulturen, und zwar im eigenen Land sowie auch zwischenstaatlich. Daher ist dieses Zweite Protokoll ein wichtiger Schritt im Schutz von Kulturgütern und ein Zeichen der Wertschätzung von Kultur. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

19.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

19.38

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Samuel Huntingtons berühmtes Buch "The Clash of Civilizations" hat gerade mit dem 11. September dieses Jahres wieder eine ganz erschreckende Aktualität erlangt. Er selbst sagt im Interview in der "Zeit":

"Der Anschlag" auf das World Trade Center war zuallererst "ein Angriff gemeiner Barbaren auf die zivilisierte ... Welt. ... Es ist wichtig, dass dieses Verbrechen ... nicht den Kampf der Kulturen auslöst."

Am 14. Mai 1954 wurde in Den Haag die Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten unterzeichnet. Diese Konvention ist für Österreich im Jahre 1964 in Kraft getreten. Auch das ehemalige Jugoslawien ist beigetreten, und zwar im Jahre 1956. Trotzdem wurde der historische Hafen von Dubrovnik 1991 zerstört. – Am 22. Februar übrigens hat der Internationale Gerichtshof die Angriffe im Sinne der Haager Konvention zu einem Anklagepunkt erhoben.

Die Buddha-Statuen wurden bereits erwähnt. Auch hier sind die aktuellen Geschehnisse rund um diese Zerstörung der 1 500 Jahre alten buddhistischen Statuen durch das Taliban-Regime ein weiteres Dilemma kulturpolitischer Kämpfe.

Aber wie kein anderes Ereignis hat der Zweite Weltkrieg die europäische Kulturlandschaft in diesem Jahrhundert zerstört. Kunstschätze wurden aus den Sammlungen gerissen und an neue Orte gebracht – nicht zu reden von Verlusten. Ein besonders markantes Beispiel ist der "Schatz des Priamos", der von den so genannten Trophäenkommissionen im besetzten Deutschland eingesackt und in die Sowjetunion abtransportiert wurde.


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