Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 97

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beitnehmerInnenschutzgesetzes eine Bestimmung hinzugefügt, die eigentlich Misstrauen ausdrückt. Bisher war es so üblich, dass Betriebsbegehungen auch von VertreterInnen von Arbeitnehmerverbänden, also der Arbeiterkammer und dem Gewerkschaftsbund, veranlasst werden und sie daran teilnehmen konnten. Jetzt kommt hinzu, dass auch die Wirtschaftskammer bei den Betriebsbegehungen anwesend sein darf.

Die Bestimmung, wonach die Arbeiterkammer bei der Betriebsbegehung anwesend sein konnte, halte ich für sinnvoll. Klar, der einzelne Arbeitnehmer ist im Betrieb der schwächere Teil, und darum macht es Sinn, wenn auch Vertreter der Arbeiterkammer, vor allem ausgebildete Experten der Arbeiterkammer, bei derartigen Betriebsbegehungen dabei sind. Aber bitte, meine Damen und Herren, erklären Sie mir, warum, wenn ich der erwähnten Grundphilosophie folge, auch der Vertreter der Wirtschaftskammer dabei sein muss! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Unternehmer werden auch schwer schikaniert!) Da handelt es sich nicht um die Unfähigkeit und das Unvermögen des Betriebs, seine Interessen und seine Rechtsstellung wahrzunehmen, er ist ohnehin in der besseren Situation, Frau Abgeordnete Partik-Pablé. Er ist in der besseren Situation!

Ich denke mir, dass ArbeitnehmerInnenschutz nicht in der Art und Weise betrieben werden sollte, dass Sozialpartnerschutz betrieben wird, und genau das ist es aber. (Abg. Ing. Scheuch: Das ist Gesprächsverweigerung!) Was soll daraus folgen? Die Arbeitsinspektion macht eine Betriebsbegehung zusammen mit der Arbeiterkammer, weil sie offensichtlich – so würde ich einmal sagen, und so spielt es sich in der Regel auch ab – vorher informiert worden ist, dass im Betrieb etwas nicht in Ordnung ist. Und nach dieser neuen Modifikation handeln das dann Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer zusammen mit der Arbeitsinspektion im Betrieb aus. Das ist Sozialpartnerschaft alt und Sozialpartnerschaft alt pur, und das wollen wir nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen einen effektiven Arbeitnehmerschutz, und den können Sie nicht dadurch erreichen, dass Sie jetzt auch noch in einem Kernbereich, nämlich dem Arbeitnehmerschutz, wenn direkt vor Ort irgendwelche Verfehlungen festgestellt werden, die Sozialpartner sich darüber beraten und mitentscheiden lassen, ob die Verfehlung, die der Arbeitsinspektor oder die -inspektorin vielleicht festgestellt hat, tatsächlich auch als solche zu betrachten ist, weil der Betrieb beziehungsweise die Betroffenen mit dieser Entscheidung nicht zurechtkommen.

Das ist ein Schritt zu viel, und es ist auch etwas verräterisch, denn nach Bartenstein soll doch das Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein gemeinsames sein. Das heißt, er misstraut seiner eigenen Philosophie, denn wenn es nur ein Interesse gibt, bräuchte man doch nicht auch noch beide Sozialpartner – verstanden offensichtlich als einander entgegengesetzte Sozialpartner – teilnehmen zu lassen. Ich würde allerdings meinen, er misstraut wahrscheinlich eher der Arbeiterkammer, wenn sie bei einer Begehung dabei ist, und darum muss jetzt eben auch die Wirtschaftskammer bei den Begehungen anwesend sein. (Abg. Ing. Scheuch: Gott sei Dank!)

Im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz neu wurden jetzt unterschiedliche Faktorenbewertungen für Büro- und büroähnliche Arbeitsplätze und solche Arbeitsplätze, die nicht Büros sind, festgeschrieben. Das halte ich für ein Problem vor allem im Zusammenhang damit, dass jetzt neu festgeschrieben wird – und das könnte auch eine positive und sinnvolle Maßnahme sein –, dass 25 Prozent der gesamten Tätigkeiten an geeignete sonstige Fachkräfte abgetreten werden können. Nun findet sich nirgends – auch im neuen Gesetzentwurf nicht – eine erschöpfende Bestimmung, wer eine geeignete sonstige Fachkraft sein könnte. Es werden zwar einige beispielhaft aufgezählt, aber nirgends taxativ.

Die Ärztekammer, die natürlich ihre Interessen in die Begutachtung und auch bis zur Beschlussfassung eingebracht hat, stellt nicht zu Unrecht fest, dass den PsychologInnen, die dazu kommen könnten – und das wäre eine sinnvolle Maßnahme, da stimme ich zu –, in ihrer praktischen Ausbildung derzeit noch jedes Ausbildungserfordernis in Bezug auf Arbeitspsychologie fehlt. Das braucht es aber, meine Damen und Herren! Ich kann nicht die Wünschelrutengänger – gut,


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