Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 105

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dienst nicht nur Ihre Liebkinder hatten, sondern nach wie vor haben, dass sich dieses "Liebesverhältnis" nicht abgeschwächt, sondern noch mehr verstärkt hat. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Minister! Sie wissen ganz genau, dass es Ihnen mit der letzten Zivildienstgesetz-Novelle, hinsichtlich derer Sie gesagt haben, Sie wollen den Zivildienst an Kopf und Gliedern reformieren, gelungen ist, den Zivildienst an Kopf und Gliedern zu ruinieren.

Über die Ergebnisse in Österreich, darüber, wie die Situation der Zivildiener ausschaut, Herr Minister, müssen Sie sich auch einmal erkundigen. Das dürfen Sie nicht nur mir überlassen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Ich fühle mich selbstverständlich verantwortlich für alle Zivildiener in Österreich, und Sie, Herr Minister, Sie wären verantwortlich, nehmen aber Ihre Verantwortung nicht wahr. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Die so genannte angemessene Verpflegung ist nur ein Beispiel dafür, dass Sie die Verantwortung gegenüber Zivildienstleistenden nicht wahrnehmen, denn sonst müsste gerade von Ihrer Seite schon lange ein Aufschrei gekommen sein. Auch Sie müssen nämlich wissen – ich nehme an, Sie haben zum Beispiel zu Landesrat Aichinger in Oberösterreich bessere Kontakte als ich –, dass etwa in Oberösterreich, das nur stellvertretend für alle neun Bundesländer steht, Zivildiener mit 39 S pro Tag an Essensgeld heimgeschickt werden! (Abg. Öllinger: Das ist unglaublich! – Abg. Großruck: Wohin werden sie geschickt? Heim?)

Herr Minister! Die Zivildiener werden deshalb mit 39 S – teilweise bekommen sie auch 80 S – heimgeschickt, weil die Organisationen nicht in der Lage sind, um 80 S dreimal am Tag eine warme Mahlzeit anzubieten. Deshalb drücken sie den Zivildienern ein wenig Geld in die Hand, und die sollen dann in der Lage sein, sich mit diesem Geld zu ernähren. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Ich habe Ihnen im Zuge der Diskussion über die vorige Zivildienstgesetz-Novelle auch gesagt, dass ich es unverantwortlich von Ihnen finde, den Zivildienst mehr oder weniger zur Gänze zu privatisieren und sich von Ihrer Verantwortung als jener Minister, der für die Zivildiener zuständig ist, freizukaufen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Wer hat denn 20 000 Zivildiener hinterlassen? Wer hat denn einen Überhang von 20 000 hinterlassen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grünen.)

Herr Minister! Sie sind es, der nicht nur dafür verantwortlich ist, dass Zivildienstbescheide ausgestellt werden, sondern Sie sind es auch, der dafür verantwortlich ist, dass die Zuweisungen an die Einrichtungen so funktionieren, dass alle Einrichtungen dieselbe Zahl oder denselben Prozentsatz an Zuweisungen zur Bedarfsmeldung bekommen. Daran hat man sich natürlich nicht gehalten, und es gibt nachweislich Organisationen, die bevorzugt behandelt worden sind. – So weit, so schlecht.

Herr Minister! Das, was Sie aber jetzt vorhaben, gipfelt wirklich in einer Ungeheuerlichkeit. Sie haben in der vorigen Zivildienstgesetz-Novelle, und zwar im § 54a, die Verabschiedung von Ihrer Verantwortung für die Zivildiener mehr oder weniger festschreiben lassen. Sie haben festschreiben lassen, dass nicht mehr Sie, sondern ein Unternehmen für die Zuweisung der Zivildiener zuständig sein soll. Das, Herr Minister, ist fahrlässig! (Beifall bei den Grünen.)

Wie Sie Ihre Fahrlässigkeit ausreizen, sieht man ganz deutlich, wenn man nur die Zeitungen der letzten Tage hernimmt. Es kommt ja nicht von ungefähr, Herr Minister, dass Sie jetzt die Zuweisung der Zivildiener an eine der größten Trägerorganisationen, also an jene Organisation, die die meisten Zivildiener pro Jahr lukriert, übergeben wollen. Herr Minister, das ist unvereinbar! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Sie können doch nicht einer Einrichtung, die selbst österreichweit den größten Bedarf an Zivildienern anmeldet, jetzt auch noch dieses Instrument in die Hand geben – nach


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