Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 58

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

11.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns in einer Debatte über Konjunktur und Beschäftigung und über eine Erklärung des Bundeskanzlers und der Frau Vizekanzlerin. Man sollte also eigentlich zu diesem Thema diskutieren.

Das, was ich bis jetzt gehört habe, war Polemik von Seiten der Regierungsparteien. – Und gestatten Sie mir, Herr Klubobmann Khol und Herr Klubobmann Westenthaler, Folgendes zu sagen: Das, was Sie in Bezug auf den ORF gemacht haben, ist unglaublich. Das ist wirklich unglaublich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wären Ihre Verschwörungstheorien nicht so lächerlich, könnte man darüber hinweggehen. Aber wenn Herr Klubobmann Westenthaler und auch Sie ankündigen, in wenigen Wochen werde sich das geändert haben, dann werde es keine Pannen mehr geben (Zwischenruf des Abg. Kiss ), dann erinnert mich dieser Spruch an jenen des früheren Parteiobmannes Haider, wonach die Redaktionsstuben noch ausgeräuchert würden. – Das ist Ihre Sprache, die wir entschieden ablehnen. Lassen Sie sich das gesagt sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Weder der ORF noch eine Redaktionsstube ist Ihr Wohnzimmer, in dem Sie sich Platz verschaffen können, so wie Sie es wollen, auch wenn Sie dieses Ansinnen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer weiß, ob Sie gehört werden! Vielleicht sind Sie nicht auf Sendung! Flimmerndes Bild!)

Meine Damen und Herren! Kommen wir zu dieser Debatte zurück! (Abg. Mag. Trattner: Flimmerndes Bild! – Abg. Ing. Westenthaler: Mattscheibe!) Zur Konjunktur: Ich bin seit sieben Jahren im Parlament, und ich habe in diesen sieben Jahren, also seit 1994, einige Debatten zur Konjunktur und Beschäftigung erlebt. Sie können mir glauben, mir ist es dabei nie besonders gut gegangen (Abg. Ing. Westenthaler: Das merkt man!), wenn ich das gehört und mir vorgestellt habe, wie das jemand wahrnimmt, der von oben, von der Besuchergalerie, oder von außen diese Debatte hört. Es war auch unter der alten Koalitionsregierung so, dass viele Ankündigungen gemacht wurden, dass gesagt wurde: Wir sind die Besten!, und das war es dann schon.

Einige Maßnahmen sind vorgestellt worden – ob sie gewirkt haben oder nicht, darüber haben sich die Geister geschieden. Und manchmal, Herr Kollege Schweitzer, haben wir und auch Sie gewusst, dass Maßnahmen, die von der Bundesregierung vorgeschlagen wurden, in der Form, wie sie vorgeschlagen wurden, danebengegangen sind.

Ich erinnere nur an die Lehrlingsoffensive. Aber das, was ich dieser alten Bundesregierung zugute halten möchte – abgesehen davon, was bei "Euroteam" passiert ist, das halte ich ihr nicht zugute; da waren wir Grüne maßgeblich daran beteiligt oder interessiert, dass das aufgeklärt wird –, ist: Sie hat immerhin den Anschein erweckt, als ob sie etwas tun würde (Abg. Mag. Schweitzer: "Anschein erwecken"!), und diesen Anschein will sich diese Bundesregierung gar nicht mehr geben. Das ist der zynische Abgesang auf jeden Versuch, mittels Politik Wirtschaft, Arbeitsplätze, Bildung und Qualifikation in diesem Land positiv zu beeinflussen. Das ist der Abgesang, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Bundeskanzler Schüssel sagt: Wir haben uns erstaunlich gut gehalten!, klopft sich auf die Schulter und meint, die PISA-Studie, also dieses internationale Ranking bezüglich Bildungssystem, habe doch gezeigt, dass wir zu den Besten gehören. Klubobmann Khol sagt, die PISA-Studie habe bewiesen, dass der österreichische Weg, nämlich nicht in Richtung Gesamtschule zu gehen, erfolgreich war. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Wissen Sie, Herr Klubobmann Khol, dass die Realität anders ist? – 31 Länder sind getestet worden. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Davon sind sieben Entwicklungsländer. Dass wir vor diesen Ländern liegen, das ist keine große Kunst. (Abg. Dr. Khol: Vor Deutschland!) Wir sind nicht Erster, nicht Zweiter, nicht Dritter, sondern Zehnter beziehungsweise Zwölfter. Im Mittelfeld befinden wir uns, im Mittelfeld! (Abg. Dr. Khol: Aber im ersten Drittel!)  – Nein, rechnen Sie die Entwicklungsländer weg. Sie werden doch wohl nicht Schwellenländer und Entwicklungsländer wie Brasilien oder Polen zu uns dazuzählen wollen!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite