Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 107

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Österreich hat damit seine vorbildliche Position bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verloren und fällt ins Mittelfeld innerhalb der EU zurück. Länder wie Portugal und Irland haben mittlerweile eine niedrigere Arbeitslosenrate als Österreich. Anstatt Investitionen und Arbeitsmarktförderungsmittel zu kürzen, wären gerade in diesen Bereichen jetzt Impulse und Mehrausgaben erforderlich, um Wachstum, Beschäftigung und Steuereinnahmen anzukurbeln.

Dazu kommt noch eine völlig verfehlte Privatisierungspolitik, die einerseits zum Ausverkauf zu Schlußverkaufspreisen ans Ausland geriet, andererseits durch dilettantisch durchgeführte Börsegänge zehntausende Kleinanleger um einen beträchtlichen Teil ihres Geldes brachte. Dabei braucht nach Ansicht der Sozialdemokraten eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich starke heimische Kernaktionäre.

Das Beispiel Semperit hat klar gezeigt wie hilflos das Management, die Beschäftigten, aber auch die Politik den Entscheidungen gegenüber stehen, die weit weg vom österreichischen Standort in anonymen Konzernzentralen getroffen werden, wenn das Eigentum einmal vollständig im Ausland gehalten wird.

Auch der neue Eigentümer der Austria Tabak hat bereits Unternehmensstandorte geschlossen. Und niemand kann garantieren, dass in Zukunft nicht auch einmal ein österreichischer Standort getroffen werden kann, wenn erst einmal Entwicklung und know how abgezogen sind.

Die FPÖVP-Koalition will aber daraus nicht lernen und macht Schlüsselbetriebe der österreichischen Industrie zu verlängerten Werkbänken ausländischer Konzerne. So wird zum Beispiel als nächstes bei der Telekom Austria munter weiter drauf Vollprivatisiert. — Aller Voraussicht nach werden auch dort 100% des Unternehmens an einen ausländischen Konzern verscherbelt.

Das alles heißt aber: weniger Investitionen in Forschung und Entwicklung, weniger hochqualifiziertes Personal und heimische Arbeitnehmer und weniger Aufträge an die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe. – Auch das ist "Österreich neu regieren". Und auch dagegen wird die Österreichische Sozialdemokratie weiterhin mit aller Kraft auftreten.

Angesichts der dramatisch einbrechenden Konjunktur und der damit verbundenen stark steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich ist es unverantwortlich, wenn die Regierung ohne Rücksicht auf die Menschen am Fetisch Nulldefizit festhält bzw. es bereits krampfhaft im Jahr 2001 erreichen will.

Denn der PR-Gag Nulldefizit wird von den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern mit der höchsten Abgabenquote in der Geschichte Österreichs bezahlt. Dazu kommen Einmaleffekte, die in den Folgejahren wegfallen sowie Belastungen durch Steuervorauszahlungen, die sich negativ auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen auswirken.

Die FPÖVP-Koalition stellt ihre budgetpolitischen Ziele über Wachstum und Beschäftigung. Sie verhält sich wie ein Buchhalter, dem die Null in der Bilanz wichtiger ist als Investitionen in die Zukunft des Unternehmens.

Wichtiger als eine Null im Budget ist es nach Ansicht der Sozialdemokraten, dass die Menschen in Österreich Arbeit und Einkommen haben und dass Wirtschaft und Wohlstand wachsen.

Wenn die Regierung trotz schlechter Wirtschaftsdaten in jedem Fall am Nulldefizit festhalten will, dann ist das eine gefährliche Drohung, weil auch weitere unsoziale Belastungsmaßnahmen nicht mehr auszuschließen sind. Wenn aber die Einkommen der Menschen neuerlich belastet werden, wird sich auch die Talfahrt der Wirtschaft fortsetzen, wenn nicht noch beschleunigen.

Denn bereits jetzt schon ist ein Teil des verringerten Wirtschaftswachstums hausgemacht, da durch unsoziale Belastungen die Inflation angeheizt und durch massive Steuererhöhungen die Kaufkraft geschwächt wurde.


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