Das Zweite, was mich interessieren würde – und vielleicht können Sie mir das gleich beantworten, da Sie heute ohnehin so gesprächig sind –: Warum brauchen Sie eigentlich noch ein Veto-Volksbegehren, wenn uns Kollege Schweitzer hier ohnedies die ganze Zeit erklärt hat, wie toll die Anti-Atompolitik der Bundesregierung ist? Wozu machen Sie das Volksbegehren dann überhaupt noch, wenn Sie mit allen Ergebnissen, die hier erzielt worden sind, hundertprozentig zufrieden sind? Herr Kollege Westenthaler, vielleicht können Sie darauf einmal eingehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Herrn Kollegen Kopf würde ich gern ausrichten, dass sich bei der ÖVP offensichtlich mittlerweile so etwas wie ein kollektiver Gedächtnisschwund eingestellt hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie keine "unrichtigen Tatsachen"!) Sich hierher zu stellen, mit dem Finger auf die Opposition zu zeigen und uns zu bezichtigen, wir würden die Integrität der europäischen Erweiterung gefährden, und selbst einen Koalitionspartner im Boot zu haben (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine "unrichtige Tatsache"!), der hier die Vetokeule schwingt, auf aggressivste Art ein Volksbegehren durchführen will, das ist doch absurd, bitte! Kehren Sie vor Ihrer eigenen Haustüre, und bekehren Sie doch einmal Ihren Koalitionspartner, und dann wenden Sie sich an uns! (Abg. Ing. Westenthaler: Das war aber eine "unrichtige Tatsache"!)
Herr Kollege Westenthaler, es freut mich, dass ich zu Ihrer Erheiterung beitragen konnte, aber etwas möchte ich Ihnen schon sagen: Wir werden Sie nach Ihrer Anti-Atompolitik beurteilen. Und Ihre Anti-Atompolitik der letzten Wochen, die Sie hier vorzuweisen haben, ist ein einziges Trauerspiel und kein Ruhmesblatt.
Sie haben an diesem Montag das Energiekapitel mit Tschechien abgeschlossen (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine "unrichtige Tatsache"!), auch wenn das etwas ist, was Sie nicht wahrhaben wollen. Das verstehe ich schon, denn das passt nicht in Ihre politische Linie und ist gerade für die Freiheitlichen eine besondere Blamage. Jetzt sitzen Sie in der Regierung, und was machen Sie? Sie akzeptieren Temelín und dieses Verhandlungsergebnis in seiner vollen Tragweite und wollen gleichzeitig der Bevölkerung erklären, Temelín wäre mit dem Veto-Volksbegehren zu verhindern. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch mehr, das ist völlig unglaubwürdig! (Abg. Murauer: Was machen Sie jetzt?)
Auf der anderen Seite wurde am Montag dieses EURATOM-Forschungsprogramm genehmigt. Das ist auch etwas, was mich persönlich sehr schmerzt. Wir haben es schon gehört: Es geht um 17 Milliarden Schilling; 500 Millionen davon stammen aus österreichischen Steuergeldern. Und der Löwenanteil, Herr Minister Molterer – und das wissen Sie ganz genau –, dieses Forschungsprogramms, nämlich 9,6 Milliarden, fließt in die Fusionsforschung. Das heißt, wir finanzieren uns heute die Reaktoren der Zukunft, die wir wahrscheinlich irgendwann einmal wieder bekämpfen müssen, wenn sie vor Ihrer Haustüre stehen. Die werden mit österreichischen Steuergeldern finanziert! – Und das wollen Sie uns hier als den großen Meilenstein der österreichischen Anti-Atompolitik verkaufen? Bitte, das ist doch lächerlich, das glaubt Ihnen niemand mehr!
Nicht genug damit: Es wollen uns die Kollegen Schweitzer und Westenthaler hier auch noch einreden, es gäbe gar keinen Abschluss des Energiekapitels! Das ist der traurige Höhepunkt der Atomdebatte der letzten Wochen. Es gibt gar keinen Abschluss, hören wir immer. Leugnen ist hier offensichtlich die neue Strategie der größeren Koalitionspartei. Aber ich sage Ihnen eines: Sie können nicht am Montag, dem 10. Dezember, das Energiekapitel abschließen und Temelín akzeptieren und sich dann am 14. Jänner hinstellen und sagen: Jetzt machen wir ein Veto-Volksbegehren gegen unsere eigene Regierungspolitik! Das ist nicht glaubwürdig, und das wird Ihnen die Bevölkerung nicht abnehmen! Sie müssen schon eine etwas konsequentere Linie in Ihrer Temelín-Politik fahren (Abg. Wenitsch: Sie!), wenn Sie damit auch nur irgendeinen Erfolg haben wollen.
Sie sind wirklich mitverantwortlich dafür, dass wir den letzten Trumpf im Kampf gegen Temelín aus der Hand gegeben haben. Und das laste ich wirklich Ihnen an, denn von der ÖVP haben wir uns nie etwas anderes erwartet. Sie haben ja in dieser Sache immer große Töne gespuckt, und jetzt haben Sie den Kampf gegen Temelín de facto aufgegeben!