Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 172

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Hohes Haus! Es sind im Wesentlichen drei Gründe dafür verantwortlich, dass wir gescheitert sind. Das Erste ist, dass Sie von den Regierungsparteien entgegen der klaren Verfassungslage – und ich möchte auch dazu sagen: entgegen dem klaren Eid, den Sie auf diese Bundesverfassung abgelegt haben – uns geradezu gebetsmühlenartig damit konfrontiert haben, dass Österreich nicht neutral sei, sondern allianzfrei. Das ist sachlich falsch und politisch auch nicht akzeptabel, um es sehr klar zu sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das neutrale Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehört keinem Bündnis an, und insoweit – da haben Sie schon Recht – ist es auch allianzfrei. Aber die politische Position Österreichs in Fragen der Sicherheitspolitik erschöpft sich nicht darin, dass wir keinem Bündnis angehören, sondern die politische Position ist dadurch bestimmt, dass sich Österreich auf Grund seiner Neutralität nicht an Kriegen beteiligt – nicht beteiligt hat seit 1955 und nicht beteiligen wird. Das ist das wesentliche Ziel, das ist das, was die Menschen in diesem Lande an der Neutralität schätzen, und das ist das, was auch wir an dieser Neutralität schätzen! Deswegen werden wir sie auch nicht aufgeben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Hohes Haus! Wir sind zweitens daran gescheitert, dass vor allem Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, unbedingt in die NATO wollen. (Rufe bei der ÖVP: Ach so? – Abg. Lentsch: Wer sagt das?) Und das wollen wir, um es klar zu sagen, nicht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ja, ich gebe zu – und die gegenteilige Behauptung wäre auch falsch –, Sie schlagen das in der heute von Ihnen zu beschließenden Sicherheitsdoktrin auch gar nicht vor. Sie schlagen nicht den Beitritt zur NATO vor, und ich denke, Sie haben auch guten Grund dazu: Sie würden nämlich damit Schiffbruch erleiden. – Aber Sie haben eine Rutsche in diese Richtung gelegt, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch eine Rutsche in Richtung NATO ist nicht akzeptabel, weil sie Österreichs Sicherheitsposition nicht verbessert. Daher werden wir dem nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Auer: Sind Sie ausgerutscht?)

Und drittens, Hohes Haus, sind wir daran gescheitert, dass Ihnen von den Regierungsparteien, von Freiheitlichen und ÖVP, wenn es um die Anwendung militärischer Gewalt geht, die Herrschaft des Rechts offenbar nichts bedeutet.

Hohes Haus! Gerade als kleiner Staat muss Österreich daran interessiert sein, dass nicht derjenige, der die militärischen Mittel hat, gegebenenfalls Gewalt anzuwenden, auch alleine darüber entscheidet, ob er dazu das Recht hat. Deswegen treten wir dafür ein, dass es in diesen Fällen ein klares rechtliches Verfahren und eine Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates geben muss, weil der Kleine das Recht des Stärkeren nicht akzeptieren kann, sondern weil gerade die Kleinen darauf bauen müssen, dass es rechtlich geregelte Verfahren gibt. Aber das wollen Sie auch nicht akzeptieren, und auch aus diesem Grund konnte eine Einigung nicht zustande kommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Hohes Haus! Ich habe die wesentlichen Gründe des Scheiterns aus meiner Sicht dargelegt und möchte mich darin nicht weiter verbreitern. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle lieber noch einmal kurz sagen, wie unsere Konzeption aussieht. Ich kann das nicht in aller Breite tun, aber wenigstens knapp und deutlich.

Wir, sehr geehrte Damen und Herren, gehen davon aus, dass das neutrale Österreich, dass wir schon im Frieden für den Frieden arbeiten müssen, wenn wir uns nicht an Kriegen beteiligen wollen, und das heißt primär: wenn wir wollen, dass es keine Kriege gibt, denn das ist die erste Bedingung, um die es dabei geht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Das, Hohes Haus, ist der Grund, warum wir in unserem sicherheitspolitischen Konzept, das wir Ihnen übergeben haben und das Sie kennen, zuallererst für die Herrschaft des Rechts, für Demokratisierung überall dort, wo das noch nicht der Fall ist, für sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich eintreten und dafür, dass die Kommunikation zwischen den Staaten auf der Basis gleichberechtigter Partnerschaft stattfindet, weil das die wesentlichen Gründe sind – Kollege


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