Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 181

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dürfen – das dürfte der wohltuende Einfluss des neuen stellvertretenden Klubobmannes sein –, ich verstehe aber auch, dass er es nicht will, denn es fällt einem realistisch denkenden Menschen recht schwer, die Position zu vertreten, die die SPÖ jetzt in dieser Debatte wieder eingenommen hat.

Vom Kollegen Einem wurde die Neutralität definiert, und als einen der wesentlichen Punkte nannte er die Nichtteilnahme an Kriegen. Ich frage Sie schon, Kollege Cap, nachdem Sie ja anwesend sind: Verstehen Sie Nichtteilnahme an Kriegen nur semantisch oder verstehen Sie es wirklich als Nichtteilnahme? Was ist denn ein Krieg? – Das ist die Auseinandersetzung bewaffneter Kräfte.

Gestern hat Ihr Parteivorsitzender gesagt, die Grundhaltung, keine Kriege zu führen, ist eine der SPÖ, sehr wohl jedoch vertrete sie die Haltung, an pazifizierenden Maßnahmen teilzunehmen. Das ist ja nichts anderes als die semantische Umschreibung einer Auseinandersetzung mit Waffengewalt. Was ist denn pacem facere, die römische Pax Romana? – Das war die Unterwerfung mit Gewalt, mit Waffengewalt unter eine Großmacht. Das wollen Sie? An pazifizierenden Maßnahmen teilnehmen, weil die Leute vielleicht nicht verstehen, was darunter gemeint ist? Aber Kriege führen wollen Sie nicht? Das ist doch keine sehr ehrliche und anständige Haltung, die man in dieser Frage einnimmt, Herr Kollege.

Das Gleiche betrifft Ihre Frage mit dem Sicherheitsratsbeschluss. Sie vergessen immer wieder, wer damals Kanzler war, als das Ganze beschlossen wurde. Es war ein Sozialdemokrat, der – zugegebenermaßen, wie man hört, mit ziemlich viel Druck bei Ihnen – durchgesetzt hat, dass der entsprechende Artikel in unsere Bundesverfassung aufgenommen wurde. Und jetzt wollen Sie natürlich ganz gern hinter diesen Beschluss zurückgehen, weil einige in der SPÖ Morgenluft auf diesem Gebiet wittern. Aber den klassischen Neutralitätsstatus – und der ist einfach völkerrechtlich definiert –, den verliert man dann, Herr Kollege Cap, wenn man sich nicht danach verhält. Und wir haben gegen die klassische Neutralitätsdefinition in der Vergangenheit mehrfach verstoßen. Das wissen Sie ganz genau. Wir Freiheitlichen haben immer wieder darauf hingewiesen, aber es wurde niedergebügelt und übergangen. Jetzt würden Sie gerne nichts mehr von diesem Sündenfall wissen, doch es geht halt nicht so einfach.

Aber zurück zur Doktrin. Wir haben gehört, dass sich seit dem Zeitpunkt der Spanocchi-Doktrin, aus der damals in den siebziger Jahren dann auch der Landesverteidigungsplan entwickelt wurde, sicherheitspolitisch in Österreich nichts getan hat. Die vergangene große Koalition hat es zehn Jahre lang nicht geschafft, auf die völlig veränderte sicherheitspolitische Situation in Europa, auf den Zusammenbruch der großen Bündnisse zu reagieren, weil Sie sich nicht einigen konnten. Sie konnten sich auch im Optionenbericht nicht einigen; Sie haben es nicht geschafft. Und jetzt kritisieren Sie, dass die Sicherheitsdoktrin nur mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen wurde? Sie haben ja die Möglichkeit gehabt, das zu tun. Sie haben es nicht geschafft. Das, was Sie nicht geschafft haben, aber die anderen schaffen, kritisieren Sie. Sie haben kein Recht dazu, wirklich nicht das geringste Recht, in diesem Bereich Kritik zu üben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dazu gibt es noch etwas festzustellen, Herr Kollege Cap – wenn Sie sich vielleicht von der "Kronen Zeitung" einen Moment lösen könnten, die natürlich heute einen sehr erfreulichen Titel hat, aber von dem jetzt ganz abgesehen (Abg. Ing. Westenthaler  – auf Abg. Dr. Cap deutend –: Der ist so fasziniert von der Titelseite, dass er jetzt auch bald unterschreiben wird, glaube ich!)  –: Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Einbindung der Opposition. Das können Sie nicht leugnen. Sie können auch nicht leugnen, dass wir uns sehr bemüht haben, der Opposition alle Möglichkeiten zu geben, an dieser Arbeit mitzuwirken. In der großen Koalition war davon nicht die Rede. Das gibt es erst, seit wir Freiheitlichen mit am Regieren sind.

Wir haben diese Doktrin erarbeitet im Versuch einer engen Zusammenarbeit, die bis zum Schluss eigentlich sehr kooperativ war und an der auch Ihre Vertreter teilgenommen haben, bis sie zurückgepfiffen wurden, und zwar ganz entschieden; vermutlich von ganz links oben, vom "Alten vom Berge" oder von einem aus dieser Umgebung, von jenen, die immer wieder dann, wenn es gut gegangen ist, versucht haben, durch Zwischenrufe diese gemeinsame Arbeit, die


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