Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 187

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

bisschen Abstand nehme – in Erinnerung rufe, so glaube ich, dass wir heute hier nicht die neue Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin diskutieren, sondern vielmehr das Scheitern eines konsensualen Beschlusses, also das Misslingen einer Vier-Parteien-Einigung.

Ich habe Verständnis für die Argumente, denn bei der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin – Herr Bundesminister, Sie haben das ausgeführt – wäre es selbstverständlich in besonderem Maße von Bedeutung, dass ein parteiübergreifender Konsens möglich ist. Wir waren darum bemüht, doch auf Grund der starren Haltung der Regierungsfraktionen – und dort vor allem der ÖVP, möchte ich hinzufügen – war es ganz einfach nicht möglich (Abg. Dr. Spindelegger: Du warst gar nicht dabei, Kollege!), eine neue Sicherheitsdoktrin auf einer breiteren Basis zu schaffen, Kollege Spindelegger. Daher wird es dieses gemeinsame Dokument, um das wir alle seit Monaten gerungen haben, nicht geben.

Ich möchte mich dennoch dem Dank an die Beamten des Verteidigungsressorts, aber natürlich auch an die Vertreter des Außenministeriums anschließen; der Herr Botschafter ist heute hier. Sie haben uns monatelang sehr kompetent beraten und informiert. Letztlich ist es ja politisch begründet gescheitert.

Meine Damen und Herren! Was es nun geben wird, ist eine Regierungsdoktrin, eine schwarz-blaue Doktrin, nicht jedoch eine österreichische Verteidigungs- und Sicherheitsdoktrin. Das bedauere ich persönlich zutiefst – das schmerzt, meine Damen und Herren! Ich habe auch den Eindruck, dass es für viele Vertreter in diesem Ausschuss zwar um irgendein Ergebnis, aber nicht um einen Konsens gegangen ist.

Wir Sozialdemokraten waren sehr darum bemüht, konstruktive Sicherheitspolitik zu verwirklichen. Das bestätigen auch die vorliegenden Konzepte, die Ausführungen hier und unsere Presseaussendungen in diesem Zusammenhang. Ich möchte auch an den Entschließungsantrag erinnern, den wir bereits am 11. Mai 2000 hier im Hause eingebracht haben, in dem wir darum ersucht und dazu aufgefordert haben, eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu erarbeiten. Aber dieser Entschließungsantrag wurde von Ihnen nahezu unbegründet abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir waren immer um eine sehr verantwortungsvolle Sicherheitspolitik bemüht. Da ich in den Presseaussendungen und in den Zeitungen immer wieder die Stellungnahmen der ÖVP und der FPÖ lese, in denen es heißt, dass sich die Fundamentalisten in der SPÖ durchgesetzt haben, möchte ich hier feststellen: Ja, das ist korrekt – nämlich in dem Sinn, dass wir nachhaltig und fundamental um eine verantwortungsvolle Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin und eine entsprechende Politik bemüht sind! Diese werden wir auch in Zukunft vertreten, und dafür bitte ich um Ihr Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir von einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik sprechen, wie wir sie verstehen, dann meinen wir nicht nur die militärische Dimension, sondern dann muss auch die ökonomische, die ökologische und die soziale Dimension mit eingebunden werden. Es geht uns selbstverständlich auch um eine präventive Sicherheitspolitik, und diese schließt die EU-Erweiterung und die Unterstützung beim Auf- und Ausbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen mit ein. Das ist ein zukunftsorientiertes Sicherheitsverständnis, ausgehend von dem von uns immer wieder dargestellten umfassenden Sicherheitsbegriff. Es gibt daher sicherheitspolitisch keinen zwingenden Grund, der NATO beizutreten.

Meine Damen und Herren! Ein Beitritt zur NATO führt zu keinem Mehr an Sicherheit, sondern verringert nur unseren sicherheitspolitischen Spielraum. Die NATO ist – das gebe ich gerne zu – ein gut funktionierendes Militärbündnis, aber sie kann in sicherheitspolitischen Überlegungen nicht allein die neue Sicherheitsarchitektur in Europa sein. Sie ist natürlich so konzipiert, dass der Wille der großen Mitgliedsländer zum Tragen kommt, und diese Art der Fremdbestimmung kann doch nicht in unserem Interesse sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Überlegen wir uns den Weg, den Österreich bisher gegangen ist. Durch den Beitritt zur EU und in den Verträgen von Maastricht und Amsterdam haben wir uns verpflichtet und dazu bereit er


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite