Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 188

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klärt, an der Weiterentwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin aktiv mitzuarbeiten, und zwar einschließlich der Perspektiven der europäischen Verteidigungspolitik, die Kollege Spindelegger heute hier richtigerweise angesprochen hat. Wir sind nicht amerikafeindlich, und wir haben auch keine Berührungsängste mit der NATO. Wir sind mit dabei – PfP, die Partnerschaft für den Frieden; das haben wir ja gemeinsam beschlossen. Wir haben uns aktiv beteiligt, wenn es um UN-Einsätze gegangen ist, wir sind im Rahmen der OSZE dabei; das weißt du als Außenpolitiker in besonderem Maße. Unser Einsatz und unsere Mitwirkung sind international immer wieder gewürdigt worden.

Wo liegt daher der Sinn eines NATO-Beitrittes? Worin besteht der Nutzen für Österreich? – Meine Damen und Herren, diese Fragen können Sie uns nicht zufrieden stellend beantworten. Sie begründen das oft mit Bedrohungen, denen wir eventuell ausgesetzt sein könnten. Aber nennen Sie hier ein Land, meine Damen und Herren, das Österreich militärisch bedroht! Meiner Ansicht nach ist dieses Denken in einem Freund-Feind-Schema ganz einfach fehl am Platz.

Wir haben den Analyseteil der vorliegenden Doktrin genau durchgelesen und durchgearbeitet. Man muss sagen, darin zeigt sich eine sehr beengte und enge Sichtweise, und die Sachlage wird sehr einseitig dargestellt. Diese Doktrin – das sage ich auch als Wehrsprecher – hat eher den Charakter einer Militärdoktrin. Das ist an sich nichts Schlechtes, aber dieser Enge können wir ganz einfach nichts abgewinnen, denn die zahlreichen globalen Bedrohungen – internationale organisierte Kriminalität, Umweltgefahren, Bevölkerungsentwicklung, Migration, Energie- und Ernährungsprobleme – werden dort ausschließlich aus militärischer Sicht betrachtet.

Wir haben gesagt: Überlegens- und wünschenswert wäre es, wenn wir von einem umfassenden Sicherheitsbegriff ausgehen würden, der weit über den militärischen Bereich hinausgeht und auch ökologische und ökonomische Dimensionen mit einschließt sowie die soziale Kompetenz mit einbezieht. Das ist von Ihnen unberücksichtigt geblieben, meine Damen und Herren! Ich meine, Sie haben hier von Anbeginn an den falschen Weg gewählt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister! Anstatt zuerst gemeinsam die österreichische Positionierung festzulegen – das haben wir wiederholt diskutiert –, haben Sie uns mit einem Expertenentwurf konfrontiert, der heute als Vorlage hier mit Ihren Stimmen nahezu unverändert beschlossen wird. Sie haben uns von Anbeginn an vor vollendete Tatsachen gestellt. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.) Sie haben nicht den Konsens in den Mittelpunkt gestellt, sondern die Abschaffung der Neutralität in den Vordergrund gestellt, weil Sie damit den NATO-Beitritt vorbereiten wollen. Kollege Pilz hat wiederholt davon gesprochen. Ich bin nicht immer seiner Meinung, aber hier war er sehr konstruktiv und seriös tätig.

Das zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Expertenentwurf, und dafür stehen wir nicht zur Verfügung. Wir sind nicht für den Beitritt zu einem Militärbündnis, Herr Bundesminister! Das steht ganz einfach nicht zur Debatte. Wir wollen auch in Zukunft souverän über unsere Sicherheitspolitik entscheiden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin – ein Thema, das uns jetzt ungefähr ein Jahr lang in vielen Sitzungen und vielen Berichten beschäftigt hat. Ein Expertenbericht wurde von der Bundesregierung vorgelegt – herzlichen Dank dafür! –, weil man eine Grundlage haben muss, über die man diskutiert. Kollege Gaál, von einem "Überfahren" kann nicht gesprochen werden. Man hatte ein ausgezeichnetes Papier der Analyse zur Verfügung, das die Grundlagen und die Ausgangslage der Sicherheitspolitik unseres Landes beinhaltet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kollege Einem! Leider ist Genosse Gusenbauer bei der sicherheitspolitischen Diskussion heute nicht anwesend. Er hat aber gestern in einer verblüffenden Weise, möchte ich sagen, die Qua


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