Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 91. Sitzung / Seite 53

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Ich sage Ihnen aber, dass gerade der Fall Ewald Stadler sehr deutlich aufzeigt, dass unser Rechtssystem unter einem sehr schwerwiegenden Mangel leidet. Wenn sich heute ein Informant aus der Bevölkerung an einen Journalisten wendet und das zu einer Berichterstattung führt, die Gegenstand eines Gerichtsverfahrens wird, und wenn der Journalist sagt: Ich unterliege dem Redaktionsgeheimnis und entschlage mich!, dann ist das in Ordnung. Wenn aber ein Informant aus der Bevölkerung zu uns in das Hohe Haus kommt und uns etwas Wichtiges anvertraut, das Gegenstand eines Gerichtsverfahrens wird, dann soll das nicht mit dem Recht auf Entschlagung verbunden sein? – Da stimmt doch etwas nicht! Da ist eindeutig ein legistischer Handlungsbedarf gegeben (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP), weil ich, ehrlich gestanden, als Angehöriger des Hohen Hauses – bei aller Wertschätzung für unsere Journalisten in Österreich – nicht einsehe, wieso ich in meiner Tätigkeit schlechter behandelt werde als ein Journalist. (Abg. Dr. Khol: Der natürliche Vorgesetzte!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten ja schon eine Diskussion über die Bestellung der Persönlichkeiten, der Volksanwälte, die heute hier Platz genommen haben. Ich darf aus meiner Sicht noch Folgendes anfügen: Ich glaube, dass die Eigenschaften, die die drei Volksanwälte insgesamt verbinden, aber auch voneinander unterscheiden, wirklich Garanten dafür sind, dass die Funktion der Volksanwaltschaft in geradezu idealer Weise ausgeübt wird.

Ich denke etwa an unseren Ewald Stadler, der ein sehr scharfsinniger Politiker war, der allgemein sehr scharfsinnig ist, der sich dem Verfassungsrecht verschrieben hat, der für diese Funktion wirklich bestens geeignet ist und dem man auch gerade in der Bevölkerung zutraut, dass er den Beamten, den zu prüfenden Dienststellen genau auf die Finger schaut. Vorstellen kann ich mir: Wenn Ewald Stadler in einer Behörde durchgreift, dann verkehrt sich die Sequenz "Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft" aus dem Kultfilm "Casablanca" ins Gegenteil. Und dafür danke ich dem Ewald Stadler.

Ich danke ihm auch dafür, dass er als eine seiner ersten Maßnahmen gleich einem Gericht in Vorarlberg den Weg gewiesen und gezeigt hat, dass man mit Bürgern nicht so umgehen kann, dass man Akten monatelang (Volksanwalt Mag. Stadler: Vier Jahre lang!) oder sogar vier Jahre lang liegen lassen kann, ich glaube, sogar unter Teilnahme eines Notars als Gerichtskommissär.

Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn immer wieder gesagt wird: Die Volksanwaltschaft darf da nicht eingreifen. – Die Justizverwaltung ist Verwaltung. Das hat nichts mit der Unabhängigkeit der Rechtssprechung zu tun.

Es ist nun einmal so – und da dürfen wir nicht darüber hinwegschauen –, dass die Republik Österreich Stammgast beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist, wenn es darum geht, zu prüfen, ob unreasonable procedure, also eine überlange Verfahrensdauer, vorliegt. Das gehört abgestellt, und auch das ist die Aufgabe der Volksanwaltschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber auch die anderen Mitglieder bürgen für Qualität. Kollege Peter Kostelka hat bewiesen, dass er ein ausgewiesener Verfassungsexperte und kühler Analytiker ist, der sicher dem Bürger zu seinem Recht verhelfen will. Und Frau Kollegin Rosemarie Bauer, die Frau mit dem Herz am richtigen Fleck, ist auch Garantin dafür, dass sie den Bürgern zu ihrem Recht verhilft. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, insgesamt ist die Volksanwaltschaft geradezu ideal besetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Leider Gottes verhandeln wir heute einen Bericht, der aus heutiger Sicht insoweit überholt ist, als die drei anwesenden Persönlichkeiten dafür nicht verantwortlich sind. Es geht um den Bericht 2000. Andererseits gibt es jedoch bereits einen Bericht der Volksanwaltschaft, für den sie verantwortlich sind, nämlich den Sonderbericht zu den Heizkosten, aber diesen verhandeln wir hier nicht – das ist nun einmal so. In der Verfassung steht, dass die Volksanwaltschaft ein Mal im Jahr einen Bericht abzuliefern hat, und diesen diskutieren wir heute.


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