Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 91. Sitzung / Seite 146

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Beamten des Innenministeriums zu misstrauen. Wir haben aber jeden Grund der Welt, ihren politischen Vorgesetzten zu misstrauen, und ich werde das in meiner Wortmeldung auch sachlich begründen.

5. April 1989: Fruchtsaftkonzentrat, Dieselöl und Chemikalien verschiedenster Art hat ein niederösterreichisches Frachtunternehmen mit ein und demselben Tankfahrzeug transportiert, und oft wurde der Behälter zwischen den verschiedenen Fuhren nicht einmal ausgewaschen. Dieser Skandal ist nach umfangreichen Erhebungen der niederösterreichischen Sicherheitsdirektion aufgeflogen. Bei ihrer Einvernahme gaben die Chauffeure der Firma an, dass praktisch ständig Wechseltransporte durchgeführt wurden. Überdies gestanden sie ein, dass sie im Auftrag der Firma zollrechtliche Papiere gefälscht hatten. Gegen den Geschäftsführer der Firma aus Blindenmarkt, Karl Kralowetz, wurde Anzeige erstattet.

1989 – Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich: Auch damals hatten wir keinen Grund, den Beamten in Niederösterreich zu misstrauen. Aber es gibt eine Frage an den Bundesminister für Inneres: Warum konnte das "schwarze" Schaf Karl Kralowetz, das Geschäftsführer in der Firma des "blauen" Schafes Rainer Kralowetz war, weitermachen? Warum konnte er seine illegalen Geschäfte gemeinsam mit seinen familiären und politischen Verbindungen bis heute ungestört weiterbetreiben? Warum hat sich weder ein Wirtschaftsminister noch ein Innenminister ihm in den Weg gestellt? Warum werden in dieser Republik Schwarzunternehmer gedeckt? – Nur weil sie Blauunternehmer sind?! (Abg. Dr. Partik-Pablé: So ein Blödsinn! Das ist doch paradox!) Warum wird das Prinzip, dass hinter jedem Schwarzarbeiter ein Schwarzunternehmer steckt, plötzlich zum Prinzip, dass hinter fast allen Schwarzarbeitern Blauunternehmer stecken?

Herr Bundesminister! Warum sind Sie nicht in der Lage, gegen die "blauen" Schafe in der Branche wirklich mit allen Konsequenzen vorzugehen? Warum muss alle zehn, zwanzig Jahre derselbe Unternehmer mit den Querverbindungen zur FPÖ angezeigt und möglicherweise verurteilt werden, und warum kommt zehn Jahre, 20 Jahre später derselbe Unternehmer mit denselben politischen Verbindungen mit einem neuen Delikt wieder vor die Polizei und wahrscheinlich wieder vor den Richter? – Das sind die offenen Fragen. Und letztlich ist die Frage zu beantworten: Warum werden schwarze Blauunternehmer oder blaue Schwarzunternehmer von den Politikerinnen und Politikern der Österreichischen Volkspartei gedeckt? (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Pilz! Lebenslang muss lebenslang bleiben oder nicht?! Ist das jetzt eine Zustimmung?)

Jetzt nur noch zwei Anmerkungen. Erstens: ein einziger Dank an die Freiheitliche Partei für das Geständnis des Herrn Abgeordneten Wattaul. Das Geständnis, er habe immer alles über die Branche gewusst, qualifiziert ihn möglicherweise als einen der wichtigsten Zeugen für die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Die Staatsanwaltschaft braucht Menschen, die die Branche kennen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Wattaul! Die Staatsanwaltschaft braucht Sie, und mit Ihrer Hilfe und auf Grund der Zeugenaussage der Verkehrsministerin und auf Grund der Zeugenaussage der Spitze des Freien Wirtschaftsverbandes (Rufe bei der SPÖ: Des Freiheitlichen!), des Freiheitlichen Wirtschaftsverbandes, Entschuldigung – in dieser Republik kommt manchmal wirklich alles durcheinander –, wird es möglich sein, auch dieses Verbrechen aufzuklären. (Abg. Haigermoser: Wenn jemand sagen würde, du bist ein Kommunismusbürscherl, was würdest du dann sagen? Was würdest du sagen, wenn das jemand sagen würde?)

Herr Bundesminister, deshalb habe ich eine letzte abschließende Bitte: Gehen Sie nicht nur gegen Schwarzarbeiter vor! Das sind jene, die genauso unter den Umständen leiden wie ihre legal beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Gehen Sie endlich gegen die Schwarzunternehmer vor, auch wenn diese ab und zu und immer öfter kein schwarzes, sondern ein blaues Parteibuch haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sodian. – Bitte.


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