Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 195

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Volksbegehrens gerankt haben, dann fragt man sich wirklich, mit wem man diskutieren soll, wenn man wirklich über Schulentwicklung reden möchte.

Ich habe auch Kollegen Amon, vor allem aber auch der Frau Ministerin gestern zugehört und darf wirklich sagen, dass die Frau Ministerin es sich sehr leicht gemacht hat. Sie kommentiert genauso wie Sie, Kollege Amon, das Ergebnis des Bildungs-Volksbegehrens als Ausdruck für hohe Akzeptanz und Zufriedenheit mit unserem Bildungssystem in der österreichischen Gesellschaft.

Ich meine, dass es ein falscher und verkehrter Weg des Zugangs zu Bildung und Kultur in Österreich ist, wenn Sie und die Frau Ministerin die Stimmung, die momentan von den Medien in Österreich ausgeht, für sich zu nutzen versuchen. Es kann doch auch für eine Bildungsministerin nicht erfreulich sein, sondern muss ihr zu denken geben, wenn die Medien in Österreich so überhaupt keinen Zugang zur Bildung finden, aber dort, wo es tagespolitisch opportun ist, zum Beispiel im Falle Temelín, schlagzeilenkräftig um sich schlagen.

Ich meine, es ist der falsche Weg, wenn den Medien in Österreich die durch Bildung und Kultur getragene Gesellschaft einfach nicht mehr wichtig ist. Der Frau Ministerin war es doch in erster Linie wichtig – das habe ich herausgehört –, besser als die "ewig oberg’scheiten" Deutschen zu sein, die "Piefkes", mit all ihren Themen, die für Sie von der ÖVP Reizthemen sind, wie zum Beispiel die Gesamtschule. Niemand, Herr Kollege Amon – auch Sie nicht! – hat die eigentlichen Zusammenhänge dieser Studie kommentiert. Keiner hat über die Zusammenhänge gesprochen, darüber, wie sie wissenschaftlich zu betrachten wären, sodass auch die Ergebnisse ernst genommen werden müssten. Und niemand hat wirklich über die Inhalte von Schulreformen geredet, die ein Ergebnis dieser Studie sein könnten: Sie nicht, die Ministerin nicht und die Medien in Österreich leider auch nicht.

Sie haben ebenso wie ich Ihren Blick nach Deutschland und in die Schweiz geworfen, wo die Ergebnisse dieser PISA-Studie in der Fachwelt nahezu einen Aufruhr hervorgerufen und in den Medien einen nachhaltigen Niederschlag gefunden haben, letztlich auch bei den Lehrerinnen und Lehrern. Da Kollegin Muttonen zuvor auch von Finnland gesprochen hat, möchte ich sagen: Es ließe sich schon vieles von unseren Nachbarn abschauen, beispielsweise die ganztägigen Schulformen, über die wir geredet haben, die auf der einen Seite der schulischen Entwicklung sehr entgegenkommen, aber auch der Veränderung in unserer Gesellschaft, vor allem den ... (Abg. Jung: Genau! Das ist es, was Ihr wollt!) Es gibt eben mehr allein erziehende Menschen in Österreich, die sich ganz allein um ihre Kinder kümmern müssen. Sie sehen das aus einem ganz anderen Blickwinkel, Herr Kollege Jung. Wir kennen Ihren Blickwinkel; der ist ja nicht neu! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Amon, es muss einem auch zu denken geben, dass die Finnen – trotz tausend Stunden weniger Unterricht als bei uns in Österreich – wesentlich bessere Ergebnisse als wir erzielen. (Abg. Dr. Brinek: Weil sie weniger Schüler in den Klassen haben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich glaube, liebe Kollegen von der ÖVP, Kollege Amon, der Zeitpunkt ist jetzt wirklich günstig. Nehmen wir doch das Bildungs-Volksbegehren zum Anlass, um wirklich ernsthaft über Veränderungen im Schulwesen zu reden! Kollege Amon, reden wir nicht über die "Rohrstaberl"! Reden wir auch nicht über die sinnlosen Prognoseverfahren und die Schülerevidenzen, die doch niemand aushält! Reden wir doch über die Reform der Kindergärten und der Grundschule! Herr Amon! Reden wir wirklich über ganztägige Schulformen und eine gemeinsame – ich sage bewusst: eine gemeinsame – Schule aller Schülerinnen und Schüler im Pflichtschulbereich. Reden Sie mit uns über eine schulische Orientierung und schulische Werte anstatt nur über reine Wissensvermittlung! (Abg. Jung: Über die Direktorenposten in Wien sollten wir reden!) Reden wir auch noch über viele andere Dinge, und zeigen Sie auch, dass Sie ernsthaft mit uns reden wollen, wenn wir uns nächste Woche im Unterausschuss zusammensetzen!

Liebe Kollegen von der ÖVP! Eine Diskussion mit uns über diese inhaltlichen Verbesserungen müsste Ihnen als Verantwortliche für das Bildungssystem ja ein gewisser Auftrag sein. Sie


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