Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 90

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Hier wird zweierlei Maß angelegt, Herr Kollege, zweierlei Maß! Wir werden uns noch sehr eingehend mit dieser beabsichtigten Reise des Herrn Parlamentspräsidenten befassen. Wir werden herausfinden, wo die Einladung der UNO dazu war, von der die Rede war, und vieles andere mehr. Das wird noch sehr, sehr interessant werden, Herr Kollege, das kann ich Ihnen sagen! (Abg. Mag. Lunacek: So eingehend wie die Haider-Reise, oder?)

Das ist das Faktum: Reisen in Länder ohne demokratische Führung und persönliche Kontakte mit Diktatoren sind ein Faktum in der Außenpolitik, das ist nichts Neues. Es ist eine Notwendigkeit. Sie können ein Land wie den Iran, nein, den Irak bombardieren und in Grund und Boden bomben. Auch der Iran ist auf der Liste, deswegen kommt er mir da immer wieder hinein. (Abg. Mag. Lunacek: Jetzt wollen Sie den Iran auch noch ...!) Frau Kollegin, regen Sie sich nicht auf, ich komme auch auf Sie noch zu sprechen.

Sie können ihn isolieren – dann passiert das, was jetzt im Irak passiert ist: die Zivilbevölkerung leidet; Herr Saddam leidet nicht unter der Isolation –, oder Sie können versuchen, mit ihm zu reden. Das ist die Notwendigkeit im Bereich der Außenpolitik, und das passiert eben immer wieder.

Ich kann Ihnen – das ist auch schon geschehen – solche Fälle serienweise aufzählen. Ein sozialistischer Kanzler hat noch in letzter Minute den entsprechenden Repräsentanten die mit der Blutschuld vom Mauerbau befleckten Hände geschüttelt und gehofft, dass das DDR-Regime überleben wird. Herr Kollege Heinzl, schauen Sie einmal her! Sie haben vorhin von blutbeschmierten Händen gesprochen. (Abg. Heinzl: Wo ist Bagdad?) Ihr Kanzler hat diese blutbeschmierten Hände geschüttelt und sich nicht geniert, nachher in die Bundesrepublik Deutschland zu fahren und zur deutschen Einheit zu gratulieren. (Abg. Heinzl: Wissen Sie, wo Bagdad ist?) Das ist die sozialistische Moral, Herr Kollege, und nichts anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn andere Staatspräsidenten einen Herrn Bokassa, einen Idi Amin und andere begrüßen, dann ist das Notwendigkeit, nicht Begeisterung, und es passiert. Wenn Sie mit jemandem keinen Schießkrieg ausfechten wollen, müssen Sie mit ihm reden. Wenn Sie Kriegsgefangene freibekommen wollen, dann können Sie eine solche Einladung einfach nicht ausschlagen. Das ist ein Faktum!

Ein anderes Beispiel für die doppelte Moral ist das Folgende. Wenn im Zuge verschiedenster Konflikte – zuletzt auch im Balkankrieg – Hilfsorganisationen zu Medikamentenspenden aufrufen und sogar ausdrücklich dazusagen, es können auch abgelaufene Medikamente sein, weil sie dringend benötigt werden, dann finden das alle gut. Wenn aber Dr. Haider sich der Kinder im Irak annimmt, dann kommt der Grüne Dr. Grünewald, der große Humanist, und fragt, ob das vielleicht Ärztemuster wären; er macht sich Sorgen in diese Richtung. Das ist wirklich das Allerletzte, Herr Dr. Grünewald, Sie sollten sich dafür schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Als ob es den kranken Kindern nicht egal wäre, ob diese Medikamente Ärztemuster sind oder nicht! Es muss ihnen geholfen werden, das ist die Situation. Zweierlei Maß – im Anlegen dieser Maßstäbe sind Sie ganz groß!

Zum Abschluss nenne ich Ihnen noch ein Beispiel zu dem "zweierlei Maß", von dem Sie gesprochen haben. Auch im Tonfall gilt diese Frage von zweierlei Maß. Kollege Öllinger hat vorhin gegenüber der Frau Außenminister das Wort "erbärmlich" verwendet. Ich werde Ihnen ein Beispiel für eine erbärmliche Ausdrucksweise bringen. Sie wissen wahrscheinlich, wovon ich rede, denn Sie haben den Kollegen Pilz nicht von ungefähr von der Rednerliste heruntergenommen, auf der er ursprünglich aufgeschienen war, Herr Dr. Van der Bellen!

In der Debatte im Außenpolitischen Ausschuss hat der Kollege Pilz – ich habe es wörtlich mitgeschrieben, weil es wirklich so empörend war und mir so etwas in meiner jetzt über sechsjährigen Tätigkeit in diesem Hohen Haus zuvor nicht untergekommen ist – im Zusammenhang mit den Medikamentenlieferungen von Dr. Haider wortwörtlich gesagt: Man kann das als


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