Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 111

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Benita Ferrero-Waldner eingeleiteten "regionalen Partnerschaft". Genauso wie die Benelux-Staaten oder die nordischen Staaten wird eine Mitteleuropaplattform hier große Bedeutung haben, vor allem dann, wenn diese Länder der Europäischen Union bereits angehören.

Der dritte Bereich betrifft die Bürgerrechte. Ich glaube, dass wir hier unterentwickelte Rechtsansprüche der einzelnen Bürger haben. Wir haben in Österreich etwa Individualklagen, bis hinauf zum österreichischen Verfassungsgerichtshof. Warum soll es nicht in bestimmten Fragen, die das europäische Recht betreffen und eine unmittelbare Betroffenheit aufweisen, einen direkten Rechtszug des einzelnen Bürgers hinauf bis zum Europäischen Gerichtshof geben? Warum soll es nicht in der Frage der notwendigen Subsidiarität oder der regionalen Identität ein Klagsrecht für den Ausschuss der Regionen geben? Warum soll es nicht für mehrere nationale Parlamente die Möglichkeit geben, in einer bestimmten Streitfrage den Europäischen Gerichtshof anzurufen? Warum soll es nicht mehr europäische Themen geben, die wir gemeinsam bewerben und dem Bürger nahe bringen? Warum soll es nicht mehr Austauschprogramme geben, und zwar nicht nur bei den Studenten, wo es sehr gut funktioniert, sondern auch bei den Lehrlingen, bei Arbeitnehmern? Viele Varianten wären da denkbar, genauso wie die Verankerung der Rechte auf Arbeit, auf Sprache, auf Einkommen, auf Bildung, die innerhalb des europäischen Gemeinschaftsbogens eine große Bedeutung haben könnte.

Natürlich ist die Charta der Grundrechte unvollkommen, das ist überhaupt keine Frage, aber ich persönlich glaube, dass schon der Beitritt Europas, der Europäischen Union zur Menschenrechtskonvention eine große substanzielle Bedeutung hätte und damit qualitativ den Menschenrechten in Europa gut täte.

Diesen Weg werde ich auch weiterhin vertreten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun zu den konkreten Fragen:

Die erste Frage heißt sinngemäß: Wie können wir versuchen, die Mitspracherechte der kleinen und mittleren Staaten im Reformprozess verstärkt zu garantieren?

Wir können das tun, indem wir uns gemeinsam abstimmen. Ich habe das versucht, als im Herbst im Zuge der Afghanistan-Krise, im Zuge der Krise nach dem 11. September, ein so genannter Mini-Gipfel vor Gent abgehalten wurde, bei dem nur die drei großen Staaten dabei waren und zu dem sich dann durch Zuruf weitere vier Staaten dazureklamiert haben. Aber die Mehrheit, nämlich acht Staaten, war nicht dabei. Ich habe damals lauthals dagegen protestiert, habe mich mit den anderen kleineren und mittleren Ländern abgestimmt, was eine große Bedeutung gehabt hat, denn sowohl die Kommission als auch der Ratsvorsitz, aber auch der britische Premierminister Tony Blair haben zugesichert, dass sie die Gemeinschaftsregeln in Hinkunft achten wollen.

Ich sage Ihnen auch sehr offen: Ich unterstütze vollinhaltlich das, was Paavo Lipponen in diesen Tagen im Vorfeld des Konvents gesagt hat, nämlich dass wir gemeinsam darauf achten werden, dass die Rolle und die Bedeutung der kleineren und mittleren Länder in jedem Fall gewahrt bleibt und nicht vermindert werden darf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was den gemeinsamen Brief von Blair und Schröder an den EU-Vorsitz betrifft, so darf ich sagen: Das ist ein Text, der im Wesentlichen unterstrichen werden kann. Da gibt es auch wenig aufregende Dinge darunter. Dass sich der Europäische Rat auf weniger Punkte konzentrieren soll, dass wir keine überladene Tagesordnung, keine überladenen Schlussfolgerungen haben sollen, das ist keine Frage, aber es liegt, glaube ich, am Vorsitz und an uns selber, dies zu leben. Dass der Europäische Rat vertraulicher als bisher sein soll, das ist mehr eine Aufforderung an die, die bisher Informationen an die Öffentlichkeit haben durchsickern lassen. Das ist, glaube ich, kaum über Vertragsänderungen oder juristisch zu regeln. Dass der Rat dort, wo er legislativ tätig ist, öffentlich tagen soll, das halte ich persönlich für einen interessanten Vorschlag, der durchaus unterstützt werden soll, wie ja auch die Idee, die Zahl der Fachräte zu ändern, sie zu straffen, einer langjährigen österreichischen Idee entspricht. Ich glaube ja


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