15.57
Abgeordneter Peter Schieder
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte es begrüßen, dass im Parlament hier eine Aussprache über die wichtige Frage des Konvents stattfindet. Ich bekenne mich dazu, dass wir hier darüber sprechen, trotz der zwei Schönheitsfehler. Der erste ist ja schon in der Früh erwähnt worden. Es ist der Umstand, dass diese Debatte leider zu einem Zeitpunkt stattfindet, wo gerade die Vertreter des Parlaments im Konvent nicht hier anwesend sein können, weil sie dort sind.Der zweite Schönheitsfehler ist für mich, dass diese Debatte im Rahmen einer Dringlichen Anfrage stattfindet. Ich glaube, das wäre eine gute Gelegenheit gewesen, eine EU-Debatte, wie sie vorgesehen ist, im Haus abzuhalten, bei der die Parlamentarier der Regierung sagen, was sie wollen, bei der sie sogar die Möglichkeit hätten, sie zu beauftragen oder einen Beschluss zu fassen oder eine Empfehlung abzugeben, die ja wahrscheinlich im Einklang gewesen wäre, anstatt das in Form einer Dringlichen Anfrage zu tun, bei der Parlamentarier die Regierung fragen, was sie als frei gewählte Parlamentarier eigentlich tun sollten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Wobei mir nach den Worten des Kollegen Schweitzer ja auch die Haltung auf Regierungsebene nicht mehr ganz klar ist. Aber die Aufgabe, ihn hier einzufangen, möchte ich gerne dem nächsten Redner, dem Kollegen Spindelegger, überlassen (Heiterkeit bei den Grünen) und mich mit den Inhalten dieser Debatte beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Sosehr Kollege Khol und andere damit Recht haben, dass es im Konvent vor allem um rechtliche, um verfassungsrechtliche Fragen gehen wird, so sehr wird es notwendig sein, in der Debatte darüber und in der öffentlichen Vorstellung dieses Projekts nicht bloß verfassungsrechtlich zu argumentieren, sondern zu zeigen, dass dieser Konvent die Chance ist, die Europäische Union in Einklang mit den Wünschen ihrer Bürgerinnen und Bürger zu bringen.
Das ist in Wirklichkeit die große Aufgabe: Jene Reformen anzusetzen, die notwendig sind, damit sich die Menschen der Europäischen Union in den Einrichtungen, in den Zielen, in den Institutionen und in den Arbeitsgebieten dieser Union wieder finden, ihr Leben, ihre Wünsche, ihre Hoffnungen. Das ist deshalb eine inhaltliche Aufgabe im Konvent, und das ist auch eine institutionelle formale Aufgabe.
Was die Inhalte betrifft, nämlich die Gestaltung konkreter Politikfelder, so tritt die Sozialdemokratie dafür ein, dass es zu einer inhaltlichen Weiterentwicklung der EU-Kompetenzen in vielen Bereichen kommt, also zu einer Weiterentwicklung der Rolle der Union zu einer politischen Union, die in dieser Rolle selbstbewusst in der Welt auftritt, ohne andere Teile, vor allem Entwicklungsgebiete der Welt, von einer Zusammenarbeit auszuschließen. Also: Weiterentwicklung und Bewahrung der besonderen europäischen Lebensweise und sozialen Sicherheit, Weiterentwicklung der Union als Friedensprojekt und gleichzeitig internationale Gesinnung auch für die Probleme der Welt als Ganzes.
Im Einzelnen heißt das, dass wir uns natürlich der Frage der Grund- und Menschenrechte stellen müssen. In dieser Hinsicht stimme ich mit dem überein, was bisher gesagt wurde. Ich bin für die Haltung sehr dankbar und glaube auch – und das nicht nur in meiner jetzigen Funktion, ich habe das auch schon früher vertreten –, dass der Beitritt zur EMRK die beste Lösung wäre und auch sicherstellen würde, dass es keine ungleiche Entwicklung in diesen wichtigen Fragen innerhalb Europas geben würde – die Hälfte Europas wird ja auf längere Sicht nicht in der Union sein – und dass dort, wo es Weiterentwicklung gibt, alle Menschen dieses Kontinents daran partizipieren könnten.
Wichtig sind die anderen Bereiche: Beschäftigung, soziale Sicherheit als gleichwertige Ziele neben der wirtschaftlichen Integration. Wir hatten manches, das wir bisher als Ziele oder auch verwirklichte Ziele angesehen haben, in Wirklichkeit nur als Verwirklichung von Instrumenten zu sehen, die wir erst einsetzen müssen, um zu den wirklichen Zielen in Europa zu kommen: Verankerung der Ziele Wachstum und Beschäftigung neben dem Ziel Geldwertstabilität, Harmoni