Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 120

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Parlament letztlich Verfassungsgesetzgeber für die Europäische Union, und daher soll auch eine Diskussion in diesem Hohen Haus in der nötigen Breite stattfinden.

Die Fragen, die damit verbunden sind, treffen uns unmittelbar: Wofür werden wir denn nach einer Verfassungsreform der EU noch zuständig sein? Welche Gesetze werden wir beschließen können? Wer wird der Ansprechpartner für den österreichischen Bürger sein, wenn es um europäische Fragen geht? Wird das nicht auch ein österreichischer Parlamentarier sein müssen? Es wird um die Frage gehen, ob Länder, die der Europäischen Union angehören, ihre Interessen dann noch werden durchsetzen können und welche Mechanismen man dafür finden wird. Also das sind doch sehr grundlegende, uns alle betreffende Fragen auf dem Gebiete der Gesetzgebung.

Ich möchte ein paar wenige Fragen davon herausgreifen und aus Sicht der Volkspartei unsere Position dazu klar machen:

Die erste große Frage wird die der Kompetenzabgrenzung sein, also die Frage: Wofür soll die Union zuständig sein, wofür soll der nationale Gesetzgeber zuständig sein? – Ich glaube, wenn man alle Tabus weglässt, die es dabei gibt, dann sollte doch klar sein, dass es auch auf europäischer Ebene mehr Kompetenzen in Fragen der Außenpolitik und der Sicherheitspolitik geben sollte als heute, damit auch ein nationaler Verzicht auf Souveränität gegeben ist, dass aber auf der anderen Seite natürlich auch Kompetenzen hinterfragt werden müssen, die derzeit auf europäischer Ebene bestehen. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, dass Kommissionspräsident Prodi jetzt zum ersten Mal klar festgehalten hat, dass er sich vorstellen könne, Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückzugeben.

Sehen wir uns doch die Beispiele in der Praxis an, bei welchen das bisher nicht funktioniert hat. In vielen Bereichen, in denen man über den Rand dessen hinausgegangen ist, was unmittelbar im EU-Vertrag drinnen steht, gab es Probleme. Sagen wir es doch offen: Die "Natura 2000" war ein solches Beispiel. (Abg. Dr. Glawischnig: Es ist noch immer ein solches!) Es ist noch immer ein solches Beispiel, weil Raumordnungsfragen und Fragen der Bodennutzung in Brüssel nichts verloren haben. Das ist eine Frage, die schon bei uns, möglichst auf lokaler Ebene, geregelt sein soll und nicht in Brüssel geregelt werden soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte einen zweiten Punkt herausgreifen, nämlich die Frage, ob man nicht auch im Zuge der Diskussion jetzt generell die Aufgaben, die die Europäische Union hat, auch in ihrer Dichte hinterfragen soll, eine Aufgabenkritik durchführen soll, denn wenn wir uns die Richtlinien heute näher anschauen, so können wir feststellen, dass das in Wahrheit Gesetze sind. Es sind nicht mehr Richtlinien, bei welchen die nationale Gesetzgebung noch Ausführungsmöglichkeiten hat, sondern es wird schon so dicht, dass der Spielraum gegen null tendiert. Ich halte das für keine gute Idee (Abg. Mag. Schweitzer: Sehr gut!), weil wir sehr unterschiedliche Systeme in Europa haben, die nicht immer harmonisiert werden müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich denke auch, dass man Doppelgleisigkeiten in der Europäischen Union offen ansprechen muss. Erinnern wir uns, dass an der letzten Kommission große Kritik deshalb geübt wurde, weil es da Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Die Folge davon war, dass man eine eigene interne Revision in der Kommission eingerichtet hat. Aber wir haben daneben einen voll funktionierenden Europäischen Rechnungshof. Mittlerweile wird doppelt geprüft: erst intern, dann extern. Da stellt sich die Frage, ob das wirklich sinnvoll ist. Es sind etwa 100 Beamte der Europäischen Union für diese interne Kontrolle abgestellt. Ich glaube, dass es an der Zeit wäre, auch da wieder den Europäischen Rechnungshof voll wirksam werden zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich namens der Volkspartei auch die Fragen des so genannten Demokratiedefizits ansprechen. Aus meiner Sicht wird man hinsichtlich der Fragen der Kompetenz des Europäischen Parlaments einiges verbessern können. Aber ist es nicht auch unbedingt notwendig, dass die nationalen Parlamentarier ein Mitwirkungsrecht haben, weil sie eben näher


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