Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 128

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Europa als eine Aufgabe für die EU. Nicht aber alles, was den Bürger interessiert und berührt, was die Menschen in ihrem täglichen Leben betrifft, legitimiert ein einheitliches regelndes Vorgehen der Union. Darüber gilt es in diesem Konvent nachzudenken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

16.39

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Es mag schon seltsam anmuten, dass wir gestern von den Koalitionsparteien immer wieder erzürnt darauf angesprochen worden sind, wie wir denn eine Debatte über die Irak-Reise des Landeshauptmannes Haider in Abwesenheit der Frau Außenminister durchführen können, und heute Sie es sind, die eine Debatte zum EU-Konvent in Abwesenheit der EU-Parlamentarier, die dafür vorgesehen sind, vom Zaun brechen. Ich glaube, dass sich das als Tatsache von selbst richtet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber nun zur Sache selbst, meine sehr geehrten Damen und Herren: Seit mehreren Jahrzehnten bemühen wir uns, die Bürger in die EU einzubinden, und ich glaube, dass das durch gemeinsame Anstrengungen, gerade beim Beitritt Österreichs zur EU, blendend gelungen ist. Genauso wie heute Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auf der Galerie an den Beratungen teilnehmen und so aus eigener Erfahrung die Tätigkeit des Parlaments miterleben können, so muss es uns auch darum gehen, den Bürger, die Bürgerin an der Gestaltung dieses Europa teilnehmen lassen zu können.

Unsere Prioritäten für den Konvent liegen vor allem auch in der Frage: Gelingt es, die Sozialcharta in den Verträgen wirklich verbindlich festzuschreiben, oder setzt sich der Weg fort, der seit rund 40 Jahren gegangen wird, nämlich dass man Soziales zwar anerkennt, aber immer wieder sagt: Bitte, warten, es ist wichtig, dass wir zuerst eine Währungsunion, eine Wirtschaftsunion verwirklichen, dann können wir vielleicht auch über eine Sozialunion reden!?

Das sage ich vor allem auch im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Sozialstaats-Volksbegehren hier in Österreich. Wir sind neben Großbritannien das einzige Land, das diesen Bereich nicht in der Verfassung hat. Deswegen erscheint es mir wichtig, dass jeder die Chance wahrnimmt, vom 3. bis 10. April an dem Sozialstaats-Volksbegehren teilzunehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sehe das besonders wichtig auch im Zusammenhang mit Äußerungen, wie sie in den letzten Tagen zu hören waren. Der Herr Bundesminister Bartenstein, der ja nicht nur Wirtschaftsminister, sondern auch Arbeitsminister ist, sagte, dass er nach Barcelona fahren möchte, um dort für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit zu kämpfen, also statt 10 Stunden 12 Stunden tägliche Arbeitszeit, um damit den Rückenwind für Veränderungen in Österreich zu erhalten. Das ist für mich nicht die Sozialunion, die uns vorschwebt!

Oder: Der Gouverneur Liebscher sagte heute im Zusammenhang mit dem letzten Tag des Schillings: Absoluter Vorrang hat die Preisstabilität! – Er vergisst dabei, dass in den EZB-Verträgen steht, dass Preisstabilität zwar eines der wesentlichen Kriterien ist, dass aber auch die anderen EU-Kriterien wie Wachstum und Beschäftigung mit zu berücksichtigen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es wichtig, dass die Sozialcharta in die Verträge eingebunden wird.

Heute haben es schon mehrere Vorredner gesagt: Die rechtsverbindliche Einbindung der EU-Grundrechtscharta ist eine Grundvoraussetzung. Sie alleine wäre aber zu wenig. Wir brauchen auch ein permanentes Monitoring, denn niedergeschrieben gibt es sehr viele Gesetze. Die Frage, ob sie eingehalten werden, die Frage, ob sich jeder daran hält, das ist auch eine Frage der Beobachtung.


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