Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 149

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18.06

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Seit dem Jahr 1974, das heißt seit 28 Jahren, ist es zum ersten Mal gelungen, ein neues Gesetz für Entwicklungszusammenarbeit zu erstellen. Seit zwei Jahren haben wir intensiv zum einen im Unterausschuss für Entwicklungszusammenarbeit und andererseits mit den NGOs, vor allem mit der AGEZ und auch mit anderen relevanten Gruppen, gearbeitet, um ein der neuen globalen Situation entsprechendes Gesetz zu schaffen. Ich meine, es ist ein gutes Gesetz geworden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf im Folgenden einige der Positionen, die mir positiv erscheinen, noch einmal Revue passieren lassen. Erstens: das Kohärenzgebot des § 1 Abs. 5. Ganz im Gegensatz zu dem, Frau Abgeordnete Lunacek, was Sie sagen, gibt es eine klare gesetzliche Festlegung, dass der Bund die Ziele und die Prinzipien der Entwicklungspolitik in den von ihm zu verfolgenden Politikbereichen, die die Entwicklungsländer berühren, zu berücksichtigen hat. Das ist eine fundamentale und weitreichende Bestimmung, die die gesamte Bundesregierung verpflichtet.

Wo ist das beste Koordinationsgremium dafür? – Selbstverständlich im Ministerrat! Es ist also kein zusätzliches technisches Gremium notwendig, obwohl es kleine Komitees gibt und informelle Koordination. Schon bisher waren wir um Kohärenz bemüht. Ich erinnere nur an zwei Beispiele, an die Studiengebühren für Studenten aus Entwicklungsländern oder an "Everything but Arms", wo es uns gelungen ist, durch die Koordinationsarbeit den Standpunkt der Entwicklungspolitik einzubringen.

Zum Zweiten: die Verankerung der Rolle der NGOs im Entwicklungsbereich, § 2 Abs. 4. Kaum ein anderes OECD-Land wickelt in seiner bilateralen Entwicklungszusammenarbeit so viel über die NGOs ab wie wir, nämlich zirka die Hälfte. Es handelt sich dabei nicht nur um den inzwischen stark ausgeweiteten Bereich der Kofinanzierungen, sondern vor allem auch um die häufige Form der direkten Betrauung von NGOs. Im Übrigen folgt die Textierung inhaltlich weitestgehend dem AGEZ-Vorschlag. Der einzige Unterschied gegenüber dem Vorschlag der AGEZ ist, dass die Regierungsvorlage vorsieht, dass "in erster Linie" die Kapazitäten der Entwicklungsländer zu nutzen sind. Ich frage Sie: Was ist denn daran schlecht? Glauben Sie wirklich, dass wir die Interessen der österreichischen NGOs über die der Partnerländer stellen sollen? Wo bliebe dann das Prinzip der Ownership?

Drittens: Dem Wunsch nach Verankerung der entwicklungspolitischen Bildungs- und Kulturarbeit – das ist der § 2 Abs. 3 –, der ausdrücklich von der AGEZ sowie auch von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, geäußert worden war, habe ich bewusst entsprochen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist der einzige Punkt!)

Viertens: Darüber hinaus habe ich auch einem von Ihnen immer wieder geäußerten Wunsch Rechnung getragen, denn ich habe jetzt nämlich vorgesehen, dass ich das Dreijahresprogramm einmal im Jahr dem Parlament übermittle und damit auch das Parlament im Bereich der EZA stärke.

Lassen Sie mich schließlich zu der Frage, die immer als die aus Ihrer Sicht wichtigste angesprochen wird, etwas sagen, nämlich zur Frage des 0,7-Prozent-Zieles. Meines Wissens gibt es kein Land, in dem das Ziel von 0,7 Prozent gesetzlich festgeschrieben ist. Die von Frau Abgeordneter Jäger und Frau Abgeordneter Lunacek heute genannte Zahl von 0,19 Prozent für das Jahr 2001 muss – das ist das Mindeste, was ich sagen kann – schlichtweg auf einem Missverständnis beruhen, denn die Zahlen der OECD sind erst im Juli 2002 bekannt. (Abg. Mag. Lunacek: Staatssekretär Finz!) Da muss er sich geirrt haben, oder da muss irgendetwas auf einem Missverständnis beruhen. Diese Zahlen können nicht vorher bekannt sein. Daher kann man seriöserweise, bitte, nur von den Zahlen des Jahres 2000 ausgehen, in dem Österreich eine Leistung von 0,23 Prozent des BIP erbracht hat, womit wir knapp über dem OECD-Durchschnitt liegen.

Im Zuge der Vorbereitungen – wenn ich jetzt an die Zukunft denke – für die Konferenz für die Entwicklungsfinanzierung in Monterrey in Mexiko vom 18. bis 22. März haben die Europäischen Räte in Göteborg und in Laeken festgehalten, dass auch seitens der EU-Mitglieder greifbare


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