Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 57

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losigkeit, angesichts eines geringen Wirtschaftswachstums, einer Sozialdemontage und eines Steuerwuchers hier redet! (Abg. Dr. Khol: Die war zu Ihrer Zeit höher, Herr Edlinger!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wirklich unglaublich, in welcher Form hier gesprochen wird! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zwei Jahre nach Amtsantritt dieser schwarz-blauen Regierung bietet diese wirklich ein Bild des Jammers. Die einseitige Zielorientierung der Regierung auf das Nulldefizit erweist sich in einer wirtschaftlichen Rezession als falsch. Diese Regierung hat wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen ganz einfach verschlafen. Sie hat die warnenden Signale der Wirtschaftsforscher ignoriert.

Erinnern Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Fast ein Jahr ist es her, dass die Wirtschaftsforscher gemeint haben, die wirtschaftliche Situation kippt. Und wie hat diese Regierung reagiert? (Rufe bei den Freiheitlichen: Richtig! Richtig!) Sie hat die Wirtschaftsforscher bedroht! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie hat gemeint, die Institute müssen zusammengelegt werden, sie müssen mundtot gemacht werden, die Überbringer der schlechten Nachricht gehören gehenkt – nicht die Politik gehört geändert. So haben Sie reagiert, anstatt Maßnahmen zu setzen wie anderswo. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Statt zu handeln, haben Sie darüber philosophiert, was denn das für eine Situation in Österreich sei. Von einer "wirtschaftlichen Delle" sprach auch heute Herr Klubobmann Westenthaler – er sagt nur nicht, wie tief und wie lange diese Delle sein wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist schon wieder vorbei!) Von "krisenhafter Erscheinung" sprachen andere, von "unbeeinflussbaren Phänomenen", so wie in einem Sciencefictionfilm. Diese Regierung hat vergessen, dass sie handeln muss.

Und der Herr Bundeskanzler, der Meister der Formulierung – allerdings nur für den Fall, dass er überhaupt etwas sagt –, meinte: Das ist eine Krise auf sehr hohem Niveau. – Na selbstverständlich auf hohem Niveau: Es war eine Krise auf einem Niveau einer Rekordarbeitslosigkeit! Zehntausende Menschen zusätzlich haben in Österreich keine Beschäftigung – und das ist eine Krise auf hohem Niveau. So überheblich agiert der Bundeskanzler dieser Republik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie reden von Deutschland! Wir sind hier in Österreich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Andere Länder handelten rascher. Die österreichische Bundesregierung benötigte ein Jahr, um ein zaghaftes Konjunkturbelebungsprogramm vorzulegen. Wieso brauchen Sie eigentlich eine Konjunkturbelebung, wenn die Konjunktur angeblich so gut ist, wie Sie sagen, Herr Finanzminister? (Bundesminister Mag. Grasser: Weil wir Standortpolitik machen!) Warum sagen Sie "Konjunkturbelebung"? Man kann ja nur einen Scheintoten wiederbeleben – und das ist offenbar aus Ihrer Sicht die österreichische Wirtschaft dank Ihrer Politik in diesem Lande. Das möchte ich in aller Deutlichkeit hier sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Böhacker meint, wir machten Panik. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur vier Fakten sagen.

Erstens: Das Wirtschaftswachstum in Österreich wurde auf ein Drittel des Wertes von 1999 zurückgeführt. Österreich liegt damit an vorletzter Stelle der Europäischen Union.

Zweitens: Die Steuern sind so hoch wie nie. Selbst der EU-Rat kritisierte, sehr geehrter Herr Minister, dass die Budgetkonsolidierung im Wesentlichen einnahmenseitig erfolgte. (Bundesminister Mag. Grasser: Das hat er nicht getan!) Die Abgabenquote beträgt 47 Prozent nach EU-Zählung, 45,6 Prozent nach österreichischer Zählung. Die Steuererhöhung betrug seit 1999 mehr als 110 Milliarden Schilling. Der blaue Karl-Heinz kassiert von jedem Österreicher um 60 S pro Tag mehr Steuern als der rote Rudi! Das gehört Ihnen ganz allein, sehr geehrter Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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