Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 175

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18.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zweifellos ist eines sicherzustellen, und das ist die Grundversorgung, die Basisversorgung mit gewissen öffentlichen Diensten überall in Österreich. Es darf nicht zusätzlich zum Gefälle zwischen städtischen und ländlichen Regionen in Österreich noch ein Infrastrukturgefälle verstärkt werden. Das ist sicherzustellen.

In diesem Punkt hat uns die Schweiz in mancher Beziehung einiges voraus. Dort gibt es nämlich schon seit einigen Jahren etwas so Offensives von Seiten der Schweizer Post wie das Service Public. So etwas habe ich bei unserer Post immer vermisst.

Es war sicherlich ein Fehler der Vergangenheit, der noch in die achtziger Jahre zurückreicht, dass innerhalb der Post, lange bevor sie eine AG war, teilweise sehr behäbig gearbeitet wurde, dass teilweise die falschen Antworten auf die neuen Herausforderungen kamen und dass insgesamt das Management nicht so fit gewesen ist, dass die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags zu effizienten Kosten gewährleistet war.

Ich habe mir die Einrichtungen in der Schweiz angeschaut, ich habe mir das Service Public näher angesehen, und ich habe dort Offensivmöglichkeiten gesehen, die ich bei uns sehr wohl vermisse.

Was war der österreichische Weg? – Wir haben es schon gehört: 1996 kam die Post AG, mehr oder weniger fit, und 2007 wird womöglich international, EU-mäßig die volle Liberalisierung eintreten, und dann wird es relativ eng werden, auch für die Österreichische Post AG.

Ich weiß, es gibt auch in den verschiedenen EU-Staaten Bestrebungen, diese Liberalisierung hintanzuhalten, aber: Um aus der Vergangenheit zu lernen, ist es sehr wohl notwendig, damit zu rechnen, auch wenn die Liberalisierung nicht kommt, denn eine Effizienzsteigerung, eine Verbesserung der Serviceleistungen und vor allem eine offensive Arbeitsmarktpolitik im Bereich der Post sind notwendig.

Das sagt auch der Rechnungshof. In seinem Bericht lesen wir deutlich, dass es gerade bei der Briefzustellung zu Versäumnissen gekommen ist, was die Schnelligkeit und teilweise auch die Verlässlichkeit anlangt. In diesem Rechnungshofbericht liest man auch, dass die Post lieber Pönale bezahlt, als zum Beispiel die Zustellung von Briefen aus dem Ausland oder ins Ausland zu beschleunigen.

Wieso geht das nicht? – Weil die Organisation zu wenig offensiv ausgebaut worden ist und weil man im Management in der Vergangenheit zu sehr – ich will nicht gerade sagen, sich auf die bequeme Haut gelegt hat, aber doch lieber den bequemen Weg gegangen ist. Das sind Defizite aus der Vergangenheit, vor denen wir jetzt stehen, und jetzt haben wir den Post-AG-Aktiendruck.

Herr Minister, ich muss Ihnen schon entgegenhalten: Sie als Verkehrsminister können höchstens über einen Umweg auf die Post einwirken, aber noch ist die Post AG zu 100 Prozent im Besitz der Republik, noch gibt es einen Finanzminister, der als Eigentümer eine Eigentümerrolle spielen könnte, und noch dazu einen Finanzminister, der aus Ihrer Partei kommt. Also es gibt im Prinzip über die Eigentümerseite sehr wohl Einwirkungsmöglichkeiten.

Jetzt können wir natürlich eine Diskussion über die Einmischung der Politik in wirtschaftliche Bereiche führen, und da haben Sie sicher auch mich als Bündnispartnerin, weil ich sage: Lassen wir die Wirtschaft für sich arbeiten, lassen wir eine Aktiengesellschaft für sich arbeiten, aber geben wir ihr faire Rahmenbedingungen! Darauf kommt es mir auch an.

Es ist wichtig, genug Zeit zu haben, um die Übergangsmaßnahmen voranzutreiben, aber diese Zeit ist für die Post AG relativ knapp. Darum wäre es natürlich besser gewesen, schon vor 1996 eine AG-Form zu schaffen und eher den Weg der Niederländer zu gehen. Die Niederländer haben sich sehr wohl und sehr bald fit gemacht für den Wettbewerb und sind uns in dieser Beziehung nicht nur eine Nasenlänge, sondern einen ziemlichen Schritt voraus.


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