Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 192

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"Insgesamt erweckt der Entwurf den Eindruck, dass eine Prozessbeschleunigung auf dem Rücken der Parteien und ihrer Vertreter, unangemessen und unverhältnismäßig, versucht werden soll, dies jedoch unter Außerachtlassung der Realitäten der Praxis."

Das ist etwas, dem man nichts hinzufügen muss.

Wie gesagt: Das Rechtsmittel des Widerspruchs existiert jetzt wieder im Gesetz. Insofern ist jedenfalls das ärgste Problem für uns gelöst.

Das zweite Thema ist, ob es wirklich möglich ist, dass man mit formalen Regelungen Prozessbeschleunigungen herbeiführt. Da würde ich eher skeptisch sein. Ich glaube, es hängt letztlich immer davon ab, wie die am Verfahren Beteiligten in der Lage sind, die vorhandenen Mittel auszunützen. Ich glaube, dass bei einer Anwendung der derzeitigen Normen auch eine sehr stringente Prozessführung möglich wäre.

Herr Bundesminister! Was den Tagesordnungspunkt zum Kartellrecht anbelangt, wäre es ja auch so gewesen, dass der immer wieder als Anlassfall schlechthin für diese Novelle dargestellte Fall "Formil" seinerzeit schon die Möglichkeit geboten hätte, durch eine Antragstellung dagegen aufzutreten. Ich glaube, die Gesetzesänderung hat das nicht herbeigeführt. Man soll hier nicht so tun, als würden Formeln alleine die Dinge ändern.

Gleiches gilt im Zivilprozess. Nichtsdestoweniger wollen wir nicht verkennen, dass der Versuch, eine Beschleunigung herbeizuführen – wenngleich mit aus meiner Sicht nicht wirklich tauglichen Mitteln –, zu begrüßen ist. Daher gehen wir bei dieser Vorlage mit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Anhänger der sozialen Marktwirtschaft bekennen wir uns dazu, dass täglich Betriebe neu gegründet werden, aber auch dazu, dass Betriebe untergehen. Viele gehen deshalb unter, weil sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, weil sie überschuldet sind oder insolvent werden.

Wenn man in die Insolvenzstatistik des Jahres 2001 blickt, dann sieht man, dass im Jahr 2001 insgesamt etwas mehr als 5 000 Insolvenzen aufgetreten sind, bei welchen allerdings – und das muss man auch festhalten – nahezu die Hälfte der Konkursanträge, nämlich 2 200, mangels Masse abgewiesen wurden. Das heißt, dass bei sehr vielen Betrieben, die insolvent werden, nicht einmal so viel da ist, um das Konkursverfahren abführen zu können.

Auf der anderen Seite – und das ist das Erfreuliche – geht aus dem Bericht des KSV hervor, dass der Anteil der abgewiesenen Konkursanträge wesentlich abgenommen hat, und zwar um rund 19,3 Prozent. Die Antwort darauf gibt dieser Bericht: Es ist die Änderung der strafrechtlichen Bestimmungen über die fahrlässige Krida – so wird hier zumindest vermutet –, sodass mittlerweile nicht jeder Firmeninhaber oder Unternehmer fürchten muss, neben der Blamage einer Insolvenz und dem offen eingestandenen unternehmerischen Misserfolg auch noch bestraft zu werden.

Ich meine, auch das soll positiv zur Kenntnis genommen werden: dass rechtliche Bestimmungen, dass Maßnahmen des Gesetzgebers sehr wohl Auswirkungen auf das Verhalten der Bürger haben können.

Ein zweites Beispiel: Auch die Statistik über die Privatkonkurse, über das Schuldenregulierungsverfahren für das Jahr 2001 zeigt die gleiche Tendenz. Die Zahl der mangels Masse abgewiesenen Konkursanträge sinkt. Der Anteil dieser Konkursanträge ist um mehr als 10 Prozent zurückgegangen. Auch auf diese Frage – und darauf bin ich besonders stolz – gibt der Bericht des KSV eine Antwort: Dieser Rückgang ist vor allem darauf zurückzuführen, dass immer mehr Schuldner ein regelmäßiges Einkommen haben. Das beweist, dass die Arbeitspolitik und die


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