Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 194

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In Wahrheit sind keine substanziellen Änderungen vorgenommen worden, sondern nur nuancenartige Änderungen in einigen Punkten. Das Mahnverfahren ist nicht so umfassend geregelt worden, aber es geht doch immerhin bis zu einer Streitwertgrenze von 30 000 €.

Ich darf generell Folgendes sagen: Die Novellen im Zivilprozessbereich der letzten Jahrzehnte sind immer vor dem Hintergrund der Idee gestanden, für den Beklagten alles zu tun. Der Beklagte soll alle Möglichkeiten haben, wenn er Fristen versäumt, wenn er auf Urlaub ist, wenn er eine Verfahrenshilfe beantragt. Es sind die Rechtsmittelfristen grundsätzlich von 14 Tagen auf 4 Wochen verlängert worden, es ist der Rechtsbehelf des Widerspruchs eingeführt worden, und es ist die Wiedereinsetzungsmöglichkeit erleichtert worden. Ja, es ist schon fast eine Kunst, bei einem Wiedereinsetzungsantrag zu verlieren. Und auch im Verfahrenshilfebereich sind Verbesserungen vorgenommen worden.

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen ganz offen sagen, dass ich mich immer darüber gewundert habe, dass man alles für den Beklagten tut, dass man auch alles für den Schuldner tut, und zwar auch im Insolvenzbereich, der ja hier auch mitzubetreuen ist, dass man immer weniger Quote braucht, dass man immer bessere Auffanggesellschaften erfindet und dass immer mehr Gläubiger durch die Finger schauen.

Es ist ein unglaublicher volkswirtschaftlicher Schaden, der damit angerichtet wird, und zwar auch durch Verzögerungen im Verfahrensbereich. Und ich bin wirklich sehr stolz darauf, dass der Justizminister und das Justizministerium nun endlich einmal eine Trendumkehr eingeleitet haben, dass man endlich einmal gesagt hat, man muss auch etwas für den Gläubiger tun, man muss auch etwas für denjenigen tun, der sich das Geld holt.

Der Gläubiger holt sich das Geld ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern mitunter deshalb, weil er es dringend braucht, um zu überleben. Daher bin ich sehr froh, dass nun eine Verfahrenskonzentration, eine Verfahrensbeschleunigung eingeführt wurde. Das ist ja Sinn und Zweck dieser Novelle, und zwar unter dem Prätext Verfahrensbeschleunigung.

Worin besteht diese Verfahrensbeschleunigung? – Anstelle der völlig nutzlosen ersten Tagsatzung, wo man nur sagte: Ich bestreite! – man schickte oft nicht einmal einen Anwalt, sondern meistens nur eine Sekretärin hin –, tritt jetzt eine so genannte vorbereitende Verhandlung. Das ist eine Art vorgezogener "High Noon": Da haben alle Beteiligten die Karten auf den Tisch zu legen, da haben die Parteien alle Beweise vorzulegen, eine Erörterung hat stattzufinden, eine informierte Person ist zu laden, und auch der Richter hat sich in die Karten schauen zu lassen und muss sagen, wie er die Sache vorläufig sieht.

Ich bin überzeugt davon, dass durch diese Art von "High Noon" insgesamt eine Beschleunigung eintritt, nämlich eine Konzentration des Verfahrensstoffes, und ich nehme auch an, dass eine Mehrzahl von Vergleichen stattfindet, denn ein Vergleich hat in der Praxis nur dann einen Sinn, wenn man ihn gleich schließt oder gar nicht, weil einen die Kosten dann meistens erschlagen, wenn man in der sechsten Verhandlung sich dann dazu findet, einen Vergleich zu schließen. – Es ist also äußerst notwendig, dass es zu dieser vorbereitenden Verhandlung kommt.

Von der Ausweitung des Mahnverfahrens auf einen Streitwert bis zu 30 000 € – das ist immerhin ein doch sehr hoher Betrag – habe ich bereits gesprochen. Tatsächlich ist es so, dass es im Mahnverfahren bisher keine Missbräuche gegeben hat. Ursprünglich war von 50 000 € die Rede. Man könnte auch sagen, man will generell das Mahnverfahren für alle Geldansprüche. So weit wollte man dann doch nicht gehen, und man hat sich auch unter Mitwirkung der Opposition – es gibt da durchaus auch Gegenargumente – auf 30 000 € geeinigt.

Es steht ferner in der neuen beziehungsweise in der geänderten Zivilprozessordnung, dass auch eine Frist für den Sachverständigen zu setzen ist. Aus der Praxis kann ich Ihnen sagen, dass es völlig unzumutbar ist, dass die Sachverständigen oft Monate, ja sogar Jahre brauchen, bis sie sich endlich einmal dazu bequemen, ein Gutachten zu erstellen. Das liegt oft daran, dass sich der Richter und der Haussachverständige sozusagen nahezu verehelichen. Die bilden ein Pärchen, eine Art Trachtenpärchen, und begleiten einander über Jahrzehnte. Es sind immer die


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