Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 212

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bedenklich, es werfe mehr Fragen auf, es sei juridisch schwierig, und von "problematischen Fremdkörpern" ist die Rede.

Aber dann auf einmal gibt es diesen Abänderungsantrag, und sozusagen über Nacht sind die Bedenken vom Tisch und die gravierenden Einwände unter dem Teppich. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind gescheiter geworden!) Ich habe mich ja ... (Abg. Mag. Tancsits: Das ist Parlamentarismus!)

Herr Kollege Tancsits! Für mich waren die Vorbesprechung im Justizministerium (Abg. Dr. Fekter: Wir sind hier im Parlament gescheiter geworden!) und anschließend die Lektüre meiner E-Mails sehr interessant. Im Justizministerium habe ich mir ja gedacht: Halt, damit ist sicherlich ein Köder für die Eigentumsbegründung verbunden, damit die Eigentümer eines Hauses schneller Eigentumswohnungen loswerden. – Und siehe da, ein E-Mail im Büro hat eindeutig bestätigt, dass die Vorratsteilung vom Vorarlbergischen Haus- und Grundbesitzerverein massiv eingefordert wird.

Das Motiv ist ganz klar, und es steht auch da: Dadurch geht der Verkauf natürlich wesentlich schneller und unproblematischer über die Bühne. (Abg. Dr. Fekter: Ja, wir wollen Eigentumsbildung erleichtern!) Es ist klar, das ist eindeutig der Köder. Kein Problem von Seiten der Hauseigentümer, und anscheinend auch kein Problem von Ihrer Seite her gesehen. Allerdings gibt es juridische Bedenken, wobei ich mich an das halte, was im Hause Böhmdorfer notiert worden ist. Dort sind ja keine laienhaften Menschen am Werk, sondern ExpertInnen.

Das ist der zweite Punkt, dem wir nicht beipflichten können und bei dem wir zur Erneuerung des Wohnungseigentumsrechtes nicht mit Ihnen gemeinsam an einem Strang ziehen können.

Es gibt noch einen dritten Punkt, und dieser betrifft die Frage der Aushöhlung des Mieterschutzes. Das Problem liegt darin, dass durch diese Überführung, durch diese Zwangsparifizierung eines ganzes Objektes, wenn eine Wohnung verkauft wird, praktisch auch alle anderen Wohnungen in diesem Haus parifiziert werden müssen. Das ist insofern eine Aushöhlung des MieterInnenschutzes, als die Kündigung von Mietern in Eigentumswohnungen einem anderen Regime unterliegt als die Kündigung von Mietern in einem Gesamteigentum. Das eine ist MRG, das andere ist WEG.

Selbstverständlich wäre es systematisch sinnvoll, wenn der Kündigungsschutz gleich geregelt wäre. Aber Sie liberalisieren in Richtung Kündigungsschutz WEG, und das heißt, dass bei Eigenbedarf des Wohnungsbesitzers, des Hauseigentümers kein gerichtlicher Nachweis mehr erfolgen muss. Keine Frage, in welche Richtung das geht! (Abg. Neudeck: Ist aber vom Baujahr abhängig!) Aber unsere Richtung ist doch die Vertretung der Interessen der Mieterinnen und Mieter, und insofern können wir das – leider, sage ich jetzt in meinem Sinne – nicht mittragen.

Es gibt zwei weitere Aspekte, die wir hier kritisch durchleuchten möchten. Der eine Aspekt ist die Auswirkung auf das WEG. Wenn jetzt eine Wohnung parifiziert und als Eigentumswohnung verkauft wird, dann hat das auch eine Rückwirkung auf das Gesamtobjekt, das noch wohnungsgemeinnützig sein könnte. Ab nun ist es das nicht mehr, und das ist von Ihrer Regierungspolitik sicherlich auch beabsichtigt. Sie können aber hoffentlich nachvollziehen, dass wir da nicht mitgehen können und insofern unsere Bedenken gegen ein Wohnungseigentumsgesetz haben – und Sie haben ja interessanterweise selbst Bedenken geäußert –, das ursprünglich auch von uns aus verschiedenen Gründen sehr begrüßt worden ist.

Sie haben vermutlich gedacht: Da muss bei der Regierungsvorlage irgendwo ein Hund drinnen sein, der Wurm drinnen sein, weil die Opposition gar so froh ist! (Abg. Mag. Schender: Wo ist ein Hund drinnen?)  – Und über Nacht kamen dann die Abänderungsanträge.

Insofern sagen wir heute: Ein guter Entwurf, auch eine gute Regierungsvorlage, aber die Interessen, die dann über Nacht noch Platz gegriffen haben, können wir nicht mittragen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Nürnberger. )

20.57


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