Daher nehmen wir, Herr Kollege Cap, die Ängste der 915 000 Menschen, die unterschrieben haben, und das, was Peter Westenthaler gesagt hat und was ich auch gehört habe – die Leute haben gesagt: Ich unterschreibe, weil ich Angst habe! –, sehr ernst. Deswegen wollen wir einen Sonderausschuss einrichten, deswegen wollen wir die Zeit, die wir haben, nützen, um den Ängsten gerecht zu werden und die Sicherheit unserer Landsleute mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Unabhängig von aller Polemik müssen wir doch eines sagen: Wir waren doch bisher mit dem Vier-Parteien-Konsens gegen Temelín, der bis vor einem halben Jahr gehalten hat, sehr erfolgreich. Ich habe den Traum, Herr Kollege Cap – von den Grünen ist der Klubobmann nicht da – und Herr Kollege Westenthaler, dass wir in diesem Ausschuss, den wir jetzt einrichten, die Zeit nützen, um wieder zu einem Vier-Parteien-Konsens betreffend die Sicherheit unserer Landsleute zu kommen, dass wir über parteipolitische Interessen und über polemische Dinge, über Rechthaberei und Juristerei hinwegsteigen und alles tun, damit unsere Landsleute sicher schlafen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Was waren die Elemente dieser sehr erfolgreichen Politik? – Meine Damen und Herren! Als wir angefangen haben, gegen Temelín aufzutreten, waren wir allein, und als wir angefangen haben, gegen Temelín aufzutreten, haben wir nichts in der Hand gehabt – keinen Vertrag, keine Vereinbarung, keine Zusage. Wir hatten die Angst vieler Menschen gerade in Oberösterreich und Niederösterreich im Rucksack, und damit sind wir losgezogen. Heute haben wir einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag, mit dem sich die Tschechen verpflichtet haben, jene 21 Sicherheitsmängel abzustellen, die von einer internationalen Expertengruppe unter österreichischer Beteiligung festgestellt wurden und die abgearbeitet und behoben werden müssen. Deren Behebung muss also vor Abschluss des EU-Vertrages eingeleitet werden. Das wissen die Tschechen, und das ist etwas, worüber wir Konsens haben können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Österreich ist kernkraftfrei. – Das ist unser erstes Ziel, an dem wir unverbrüchlich festhalten.
Unser zweites Ziel – auch darüber gab es Konsens – ist: Wir wollen den europäischen Ausstieg aus der Kernenergie. Auch da haben wir Fortschritte gemacht. Beim Gipfel von Laeken ist das zum ersten Mal in einem Gipfel-Dokument verankert worden.
Unser drittes Ziel ist: Wir wollen für die vielen Hunderte Kraftwerke, die in Europa verteilt sind – wobei Temelín sicherlich im oberen Drittel hinsichtlich der Technik liegt und nicht zu den Schrottreaktoren des Ostens zählt –, verbindliche Sicherheitsstandards, die von Europa überwacht und eingehalten werden und die für alle gleich gelten. Das ist das nächste Ziel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Wir hätten gerne den Ausstieg! Das ist besser, oder?)
Auch mit dem Brüsseler Vertrag, der von Wilhelm Molterer vorbereitet, von Wolfgang Schüssel mit einem tschechischen Politiker, den ich hier gar nicht namentlich ansprechen möchte, ausgehandelt, von der gesamten Bundesregierung gutgeheißen und ratifiziert wurde und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist, haben wir den ersten Schritt zur Europäisierung der Sicherheitsfragen von Kernkraftwerken erfolgreich hinter uns gebracht. Seien wir doch stolz auf diesen österreichischen Weg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Das vierte Element des Konsenses war immer: Jedes Land ist frei in der Wahl seiner Energieträger. Wir Österreicher lassen uns nicht dazu zwingen – von niemandem –, Kernenergie auf unserem Staatsgebiet zu erzeugen. Das war immer Konsens, an dem halten wir fest. Wenn aber auch wir niemand anderen zwingen können, dann wollen wir zumindest erreichen – auch das haben wir mit dem Brüsseler Vertrag erreicht –, dass dieses Kernkraftwerk Temelín dem höchsten Stand der Technik entspricht und dass die international aufgezeigten Sicherheitsmängel behoben werden. Auch das haben wir erreicht. (Beifall bei der ÖVP.)